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Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Hm, dieses "Hier und Jetzt" lässt sich schwer beschreiben, eher intuitiv erfassen. Wenn ich darüber nachdenke stellt sich zunächst die Frage ob es das überhaupt gibt, denn "alles fließt", das Jetzt ist sogleich vorbei und ein neues Jetzt entsteht, und so immer fort. Es müsste ein Punkt außerhalb der Zeit sein und bezüglich des "Hier" außerhalb des Raumes. Raum ist ja nur in Bezug auf räumliche Dinge erkennbar, und die haben alle Anfang, Veränderung und Ende. Also wäre das "Hier und Jetzt" unbeweglich, nicht entstanden und unvergänglich, das sind Begriffe mit denen der Buddha das Nibbana bezeichnet.

"Für das, was abhängig ist, gibt es auch Bewegung, für das, was nicht abhängig ist, gibt es keine Bewegung; wo keine Bewegung ist, ist Ruhe; wo Ruhe ist, ist kein Verlangen; wo kein Verlangen ist; ist kein Kommen und Gehen; wo kein Kommen und Gehen ist, ist kein Vergehen und Neuentstehen; wo kein Vergehen und Neuentstehen ist, ist weder ein Hienieden noch ein Jenseits noch (ein Etwas) zwischen beiden; eben dies ist das Ende des Leidens.
Ud.VIII.4 Nibbana

Einfach da sein und nichts anstreben, der Gedanke an die Zukunft findet eben auch "jetzt" statt, das führt ein wenig an dieses intuitive Erfahren heran, lässt sich aber nur unvollkommen in die Praxis umsetzen. Jede Handlung hat ja einen Aspekt der Zukunft in sich, indem sie einen Zweck verfolgt der in der Zukunft eintreten soll. Es läuft letztlich auf Anatta hinaus, denn wenn ich etwas will, bewege ich mich auf die Zukunft zu. Jede willentliche Bewegung wäre im "Jetzt" ein vorüberziehendes Phänomen ohne Selbst - die Verwirklichung dass die khandha ohne Ich und mein sind.
Wenn man versucht im Hier und Jetzt zu sein, macht man ein wenig die Erfahrung von Bedürfnislosigkeit, ein in sich zufrieden sein, das wird es wohl sein was in den Lehrreden oft als "Gestilltheit" bezeichnet wird. Diese relative Bedürfnislosigkeit führt zu einer Freude über alles Angenehme, wenn man nichts hat freut man sich über alles was man bekommt. Und wenn man nichts haben will, also nichts begehrt, versucht man nicht das Angenehme festzuhalten, wenn es wieder vergeht. Gegen das Unangenehme wehrt man sich nicht, ergreift es nicht mit Hass, wodurch man sich eine Menge Leid erspart. Das ist nur eine Ahnung, ein leichter Anflug von Nibbana, denn wenn es extrem angenehm oder unangenehm wird, fällt man leicht aus dem Jetzt heraus. Aber trotz der Unzulänglichkeit des unerwachten Bewusstseins führt die Übung im Hier und Jetzt zu sein, zu ein wenig Geschmack an der Befreiung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Und wenn es wirklich um den letzten Augenblick des Lebens geht? Man isst die Erdbeere, aber es geschieht kein 'Anhaften', also kein 'Anklammern'. Man hängt ("klebt") nicht am 'Genießen', also innerlich, denn alles ist vergänglich.
Ich weiß nicht recht, gibt es im letzten Augenblick des Lebens nicht wichtigeres, als Erdbeeren essen? Etwa das totale Loslassen von allen Sinnesobjekten, jede Art von Nahrung ergibt dann wohl keinen Sinn mehr.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Wenn man versucht im Hier und Jetzt zu sein,
Lieber @mukti, so wie ich es sehe:

Der Mensch ver-such-t nicht mehr, er such-t auch nicht, er verfällt sozusagen keiner Ver-such-ung, was einer Zen -Auslegung entsprechen würde. Diesen Zustand kann man nur erleben; mit den Mitteln der Sprache ist er, scheint mir, nicht zu erfassen. Der Buddha wollte sicherlich Nibbana nicht festlegen.

Der Finger, der auf den Mond zeigt, sollte nicht mit dem Mond verwechselt werden.

Und die Karte ist nicht das Territorium, so wie mein Avatar, die Katze, keine lebendige Katze ist, die beißt oder schnurrt.

Der Buddha war nach seinem Erwachen sehr aktiv. Liest man den gesamten Kanon, so sieht man, dass er nicht fehlerfrei war. Als die Mönche massenhaft Suizid begingen, passte er seine Methode an.

Man kann die Erdbeere vielleicht essen, muss sie aber sofort loslassen, denn das Konzept der Zeit ist nicht mehr als ein Konstrukt.

Wenn man ver-such-t, für alles eine Erklärung zu finden, dann tritt sofort und automatisch die mentale Ausuferung ein (technisch: Papañca).
Bleibt nur das Schweigen, L. Wittgenstein:
"

Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit. Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie uns denken. "​


Man kann es mit dem vergleichen:

Eine konsistente Erklärung der Quantenphänomene kam zu der überraschenden Schlussfolgerung, dass eine objektivierbare Welt, also eine gegenständliche Realität, wie wir es bei unserer objektiven Betrachtung als selbstverständlich voraussetzen, gar nicht ‚wirklich‘ gibt, sondern dass sie nur eine Konstruktion unseres Denkens ist, eine zweckmässige Ansicht der Wirklichkeit, die uns hilft, die Tatsachen unserer unmittelbaren, äusseren Erfahrung grob zu ordnen.“ [1]

Begriff und Realität
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
L. Wittgenstein:
"Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit. Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit, so wie wir sie uns denken. "
Ich finde es problematisch, einfach Sätze aus Wittgensteins Werk hier ohne exakte Quellenangabe hinzustellen. Bekanntlich hat Wittgenstein in seinem Spätwerk viele Positionen, die er im Tractatus logico-philosophicus vertreten hat, aufgegeben; insbesondere die Position, dass es eine objektive Sprache geben kann. Bitte nenne einfach mal eine exakte Quellenangabe für die von dir eingestellten Sätze Wittgensteins.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Bitte nenne einfach mal eine exakte Quellenangabe für die von dir eingestellten Sätze Wittgensteins.

Quelle: Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus (Logisch-philosophische Abhandlung), 1921. 4.01

Erstellt: 5.2.2022
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Der Mensch ver-such-t nicht mehr, er such-t auch nicht, er verfällt sozusagen keiner Ver-such-ung, was einer Zen-Auslegung entsprechen würde. Diesen Zustand kann man nur erleben; mit den Mitteln der Sprache ist er, scheint mir, nicht zu erfassen. Der Buddha wollte sicherlich Nibbana nicht festlegen.
Meines Erachtens hängt dieses Erlebnis davon ab, dass es keine Hindernisse und Triebe mehr gibt. Ich kann nicht recht glauben dass es auch ein vorübergehendes Erleben sein kann, weil man nicht mehr zurückfallen kann, wenn das vollkommen verwirklicht ist. Demnach kann es als vorübergehender Zustand nicht vollkommen sein, nur eine Annäherung.

Was die Sprache betrifft, ist sie nicht immer eine mentale Konstruktion, die eine sinnliche Erfahrung beschreibt? Sprache kann nicht die Erfahrung selber vermitteln, aber den Weg der zur Erfahrung führt. In diesem Sinn ist die Lehre des Buddha nicht Gegenstand akademischer Auseinandersetzung, sondern eine Gebrauchsanleitung.
Das "Hier und Jetzt" hängt nicht von einer bestimmten Wahrnehmung der fünf Körpersinne ab. Was man damit auch immer wahrnimmt, man nimmt es jetzt wahr und wo man sich auch immer befindet, da ist man hier. Das ist ein bestimmter Geisteszustand, davon hängt diese Erfahrung ab. Sogar wenn es die fünf Sinneswahrnehmungen nicht gäbe, etwa in tiefem Jhana , wäre das "Hier und Jetzt" mit dem Geistsinn erfahrbar. Deshalb wird die Lehre des Buddha manchmal als Geistesschulung bezeichnet.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Meines Erachtens hängt dieses Erlebnis davon ab, dass es keine Hindernisse und Triebe mehr gibt. Ich kann nicht recht glauben dass es auch ein vorübergehendes Erleben sein kann, weil man nicht mehr zurückfallen kann, wenn das vollkommen verwirklicht ist. Demnach kann es als vorübergehender Zustand nicht vollkommen sein, nur eine Annäherung.
Ja, klar, das kann sein.

Aber von der anderen Seite, wie Analayo im dritten Buch über Satipatthana treffend ausdrückte: Man kann Nibbana nur im Hier und Jetzt erleben. Auch Buddhadasa Bhikkhu hält nicht ( Null!) /viel/ vom Visuddhimagga -Modell mit anderen Leben, aber das wollte ich nicht vertiefen.

Man braucht Gebrauchsanweisung nicht zu ver-absolut-isieren, lieber @mukti, um die Wahrheit in der letzten Instanz zu verinnerlichen Zu erleben, zu erfahren, zu verkörpern.. Es würde einfach der Bedingten Entstehung widersprechen. Es gibt keine, wenn ich frei sagen darf. Die egal welche Lehre ist am Ende nicht mehr als der Hinweis. Das Floß, das Vehikel, usw.

Und ich habe wieder den .( Kenner).. belastet, dem ich schon einmal die Frage über die Buddha-Natur gestellt hatte. Die Antwort war absolut klar: Es gibt keine Buddha-Natur im Theravada . Das entspricht auch der Sichtweise von Buddhadasa Bhikkhu. Kein Geisteskontinuum, keine Silas – das alles ist nicht der echte Buddhismus . Aber wie jede Religion ist es für die Mehrheit da, damit sie nichts Böses tun und sich bemühen, das Gute zu tun.

Im Buch „Unter dem Bodhibaum“ steht, dass kein neues Karma mehr entstehen kann, wenn man Anatta verwirklicht hat.

Ich bin mir im Klaren, dass das viele Buddhisten verwirren kann. Aber es stammt nicht von mir.

Und wenn nicht jetzt, wann dann? Ironisch, oder? LG, danke für die Diskussion.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Wenn deine Sichtweise auch so weit wie der klare Himmel sein sollte,so bewahre doch deine Tugend so fein wie Gerstenmehl.
Padmasmbhava

Sila einfach beiseite lassen ist nicht:)
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Man braucht Gebrauchsanweisung nicht zu ver-absolut-isieren, lieber @mukti, um die Wahrheit in der letzten Instanz zu verinnerlichen Zu erleben, zu erfahren, zu verkörpern.. Es würde einfach der Bedingten Entstehung widersprechen. Es gibt keine, wenn ich frei sagen darf. Die egal welche Lehre ist am Ende nicht mehr als der Hinweis. Das Floß, das Vehikel, usw.

Aber wie soll man die letzte Instanz erreichen, wenn man die Bedingungen dazu nicht erfüllt bzw. nicht auf das Floß steigt, das dorthin führt? Das Floß ist der achtfache Pfad, der darauf hinweist was zu tun und was zu lassen ist, sozusagen eine Gebrauchsanweisung.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Aber wie soll man die letzte Instanz erreichen, wenn man die Bedingungen dazu nicht erfüllt bzw. nicht auf das Floß steigt, das dorthin führt? Das Floß ist der achtfache Pfad, der darauf hinweist was zu tun und was zu lassen ist, sozusagen eine Gebrauchsanweisung.
Lieber @mukti, das ist doch absolut korrekt!

Aber der Pfad stellt per se keine lineare Abfolge dar; er passiert immer jetzt, auch während ich das hier abtippe.

Analayo empfiehlt (noch einmal zu drittem Buch!), jeden Augenblick so zu leben, als wäre es der letzte. Das ist, wie ich es verstehe, die andere Perspektive, also die Sichtweise im Licht der Ewigkeit. Und sinngemäß auch der Satz, dass man die Erlösung in diesem Leben erlangen oder finden kann.

Sila einfach beiseite lassen ist nicht
Auch korrekt, aber Sila entstammt aus der rechten Anschauung über die Natur der Realität. Ansonsten können wir alle sehr gut sehen, dass es immer nach hinten losgeht, wenn die Ethik mit Gewalt von Institutionen aufgezwungen wird.

Im Kalama Sutta, wie es Buddhadasa Bhikkhu ausführt, sollte man selbst erkennen, was heilsam ist und was nicht – und das am eigenen Leib.

Wenn dort sinngemäß steht, dass der Tadelnde als Lehrer gepriesen ist, dann ist das für diejenigen, die noch keinen klaren Blick haben. Ich übertreibe, aber sie sollten blind vertrauen. (auf ihn hören).

Die Ethik sollte aus einem reinen Herzen stammen, weil ich nicht anders kann. Sie basiert also auf meiner eigenen inneren Erfahrung. So sehe ich das. LG.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Aber der Pfad stellt per se keine lineare Abfolge dar; er passiert immer jetzt, auch während ich das hier abtippe.
Ja und ich tippe das gerade ab um mich in Lehrergründung und rechter Rede zu üben.

Analayo empfiehlt (noch einmal zu drittem Buch!), jeden Augenblick so zu leben, als wäre es der letzte. Das ist, wie ich es verstehe, die andere Perspektive, also die Sichtweise im Licht der Ewigkeit. Und sinngemäß auch der Satz, dass man die Erlösung in diesem Leben erlangen oder finden kann.
Also man lebt immer nach dem achtfachen Pfad und der letzte Augenblick des Lebens ist dann auch wirklich der letzte Augenblick. Das empfiehlt auch der Buddha, aber wenn man die Empfehlung annimmt geschieht es nicht automatisch, man muss es üben.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Also man lebt immer nach dem achtfachen Pfad und der letzte Augenblick des Lebens ist dann auch wirklich der letzte Augenblick. Das empfiehlt auch der Buddha, aber wenn man die Empfehlung annimmt geschieht es nicht automatisch, man muss es üben.
Ja, genau, also es geht um die Deautomatisierung, anders ausgedrückt, darum, nicht von den eigenen Trieben versklavt zu werden oder sich innerlich getrieben zu fühlen und entsprechend zu verhalten.
So Analayo:

Die Betrachtung der Gefühle eröffnet die Möglichkeit, sich dieser wertenden
und bedingenden Funktionen bewusst zu werden. Ein klares Gewahrsein
der bedingenden Einwirkung der Gefühle kann zu einer Neustrukturierung
gewohnheitsmäßiger Reaktionsmuster führen, die bedeutungslos oder
sogar schädlich geworden sind. Auf diese Weise können Emotionen an
ihrem Ursprung „dekonditioniert“ werden.30 Ohne eine solche Dekondi-
tionierung
kann jede affektive Voreingenommenheit, die das Resultat der
anfänglichen, durch das Gefühl ausgelösten Wertung ist, ihren Ausdruck in
scheinbar wohlbegründeten „objektiven“ Meinungen und Ansichten finden.
Im Gegensatz dazu enthüllt eine realistische Einschätzung der bedingten
Abhängigkeit von Ansichten und Meinungen von dem anfänglichen, durch
das Gefühl hergestellten wertenden Input die affektive Bindung, die persönlichen
Ansichten und Meinungen zugrunde liegt. Diese Abhängigkeit der
Ansichten und Meinungen von der ersten wertenden Einwirkung des Gefühls
ist eine vorherrschende Ursache für darauf folgendes dogmatisches Beharren
und Festhalten.31
"Der direkte Weg", S.185.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Lama Lündrup hat vor drei Tagen ein Video auf YouTube eingestellt in einer Reihe von Fragen die ihm gestellt wurden.

Was ist Nirvana?-Grundlagen der buddh. Geisteslehre
findet man unter Ekayana Institut.

Ich will das nicht einfach einstellen,da das hier der Therevada Bereich ist und schon wieder Mahayna,christlich Mystik und wie in diesem Fall Vajrayana Sichtweise zusammen kommen.

Aber dort wie da geht es um Begierde und wie man sie auflöst.

Falls wer Lust hat,dauert keine 15 Minuten :)
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Ja, genau, also es geht um die Deautomatisierung, anders ausgedrückt, darum, nicht von den eigenen Trieben versklavt zu werden oder sich innerlich getrieben zu fühlen und entsprechend zu verhalten.
So Analayo:

Die Betrachtung der Gefühle eröffnet die Möglichkeit, sich dieser wertenden
und bedingenden Funktionen bewusst zu werden. Ein klares Gewahrsein
der bedingenden Einwirkung der Gefühle kann zu einer Neustrukturierung
gewohnheitsmäßiger Reaktionsmuster führen, die bedeutungslos oder
sogar schädlich geworden sind. Auf diese Weise können Emotionen an
ihrem Ursprung „dekonditioniert“ werden.
....
"Der direkte Weg", S.185.

Die Betrachtung der Gefühle ist eine sehr wertvolle Übung, danke für die Erinnerung. Dadurch entsteht eine Distanz zu den Gefühlen und die Anhaftung lässt nach, der Eindruck 'Ich fühle' oder 'meine Gefühle'. Man sieht wie der Geist die ganze Zeit von Gefühlen beeinflusst ist, weil sie mit jeder Wahrnehmung verbunden sind.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Bhante Seelavansa hat einmal gesagt dass der Buddha oft lange über ein Thema gesprochen hat, die Lehrreden im Palikanon sind nur kurze Zusammenfassungen. So geht es meines Erachtens nicht um Interpretationen, sondern darum den inneren Gehalt einer Lehrrede in seiner ganzen Tragweite zu erfassen. Ich habe gerade das Kapitel über die Betrachtung der Gefühle im Buch "Der direkte Weg" gelesen und keine Interpretation oder Spekulation darin gefunden, nur Erläuterungen und Hinweise auf Zusammenhänge. Weil Gefühle die unmittelbaren Auslöser des Begehrens sind, passt das ja gut zum Threadthema.

Es gibt die drei Gefühle angenehm, unangenehm und neutral auf zweierlei Weise:

Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein nicht mit den Sinnen verbundenes angenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein nicht mit den Sinnen verbundenes angenehmes Gefühl empfinde ich.' Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfinde ich.' Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein nicht mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein nicht mit den Sinnen verbundenes unangenehmes Gefühl empfinde ich.' Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein mit den Sinnen verbundenes weder angenehmes noch unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein mit den Sinnen verbundenes weder angenehmes noch unangenehmes Gefühl empfinde ich.' Wenn, ihr Mönche, der Mönch ein nicht mit den Sinnen verbundenes weder angenehmes noch unangenehmes Gefühl empfindet, weiß er: 'Ein nicht mit den Sinnen verbundenes weder angenehmes noch unangenehmes Gefühl empfinde ich.'
D.22

Die nicht mit den Sinnen verbundenen angenehmen Gefühle hat der Buddha nach seiner Schmerzensaskese als den wahren Weg zur Befreiung erkannt. Sie steigen auf wenn man die Vergänglichkeit und Veränderlichkeit der sechs Sinnesobjekte sieht - Form, Klang, Geruch, Geschmack, Ertastetes und Geistobjekte. In M.137 werden diese Gefühle bezeichnet als Freude, die auf Entsagung beruht. Schon in der ersten Vertiefung (jhana) ist diese Freude größer als jede Sinnesfreude. Aber auch ohne Vertiefung steigt ja schon etwas von dieser Freude auf, etwa wenn es gerade gelungen ist einer gewohnten Begierde nicht nachzugehen, ein Erfolgserlebnis. Oder auch die Freude wenn einem etwas Wesentliches klar wird, das sogenannte Aha-Erlebnis. Sinnesfreuden werden zu Leiden, Entsagung ist am Anfang manchmal unangenehm, aber am Ende eine immer größere Freude.
Der buddhistische Pessimismus bezieht sich nur auf die vergängliche Sinneswelt, die Lehre der Befreiung ist an sich optimistisch, es ist ein Weg der Freude und des Glücks.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Übrigens, allmählich wäre es mir wirklich lieber, wenn man mit Mahayana und sonstigen Richtungen mehr in den entsprechenden Bereichen bliebe. Ich habe noch nie auch nur ein Wort aus dem Theravada in einem spezifisch anderen Bereich gepostet. Aber wenn ihr meint dass ich das zu eng sehe macht so weiter, ich passe mich den üblichen Gepflogenheiten in einem Forum an.
 
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Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Übrigens, allmählich wäre es mir wirklich lieber, wenn man mit Mahayana und sonstigen Richtungen in den entsprechenden Bereichen bliebe.
Da stimme ich Dir zu, denn geschrieben wird hier ja unter "Buddhismus - Theravada". ... Als ich begann, mich für die Lehren zu interessiereṇ und versuchte, mich zurecht zu finden, kam ich mir vor, wie in einem Labyrinth. Für jede Orientierungshilfe war ich dankbar. ... :unsure: Einigen Mitlesern geht es vielleicht ähnlich ...
 
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| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
@Dawa
Das bezieht sich nicht auf das YouTube Video,sondern auf andere Beiträge seit der Buddhanatur Diskussion
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Übrigens, allmählich wäre es mir wirklich lieber, wenn man mit Mahayana und sonstigen Richtungen mehr in den entsprechenden Bereichen bliebe. Ich habe noch nie auch nur ein Wort aus dem Theravada in einem spezifisch anderen Bereich gepostet. Aber wenn ihr meint dass ich das zu eng sehe macht so weiter, ich passe mich den üblichen Gepflogenheiten in einem Forum an.
Hm, lieber @mukti, ich bin persönlich tolerant, aber leider kann ich mich nicht einfach so zwingen, etwas blind zu glauben, nur weil es eine Tradition behauptet.

Sehr viele Buddhologen sehen im Vajrayana die Krone des Buddhismus überhaupt, so wie E. Conze, Peter Gäng und, wenn ich mich nicht irre, auch Volker Zotz.

Aber wozu dann all diese Bereiche, wenn man sie nicht respektiert, das verstehe ich nicht.

Ich schreibe im Theravada-Bereich, aber woanders würde ich schweigen. Man kann es als OT akzeptieren oder löschen, das ist kein Problem.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Ich respektiere (die Lehrer und) Lehrmeinungen anderer Schulen/ Traditionen ... Mein gütiger, geduldiger Lehrer legte mir, (seiner begriffsstutzigen Schülern), nahe, zunächst einmal die Lehren unserer Tradition zu studieren und zu verinnerlichen. Das sei die Basis. Danach sei es sinnvoll, sich auch mit den Lehrinhalten anderer Traditionen zu befassen. Wichtig sei es, die Lehrmeister und die von ihnen vermittelten Lehrinhalte zu respektieren, achtsam zuzuhören, und sich alles gut zu merken. Sich eventuell ergebende Fragen könne ich ihm später stellen ...

Mein Fazit: Buddha gab uns den Dharma , und ein jeder von uns nähert sich den Lehren auf die ihm eigene Art. Er nimmt den Zugang, der ihm eingängig ist, und der es ihm ermöglicht, die Inhalte gut zu verstehen und in die Praxis umzusetzen ... Es ist, als gelte es diverse Szenen zu beleuchten; ein jeder von uns würde das, was ihm wichtig erscheint, besonders hervorheben.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
. Aber auch ohne Vertiefung steigt ja schon etwas von dieser Freude auf, etwa wenn es gerade gelungen ist einer gewohnten Begierde nicht nachzugehen, ein Erfolgserlebnis. Oder auch die Freude wenn einem etwas Wesentliches klar wird, das sogenannte Aha-Erlebnis. Sinnesfreuden werden zu Leiden, Entsagung ist am Anfang manchmal unangenehm, aber am Ende eine immer größere Freude.
Der buddhistische Pessimismus bezieht sich nur auf die vergängliche Sinneswelt, die Lehre der Befreiung ist an sich optimistisch, es ist ein Weg der Freude und des Glücks.
Danke für den Beitrag, @mukti, das ist sehr gut erfasst(y), denn diese überweltliche Freude und Glück, die nicht den sinnlichen Charakter haben, können den Praktizierenden motivieren, weiter dem Pfad zu folgen.

Wenn man also, anders ausgedrückt, anerkennt (verinnerlicht), dass alle sinnlichen Freuden vergänglich und deswegen leidhaft sind, bleibt der Weg der Entsagung.

Ich zitiere wieder kurz Analayo, "Der direkte Weg", S. 188:

Nach seinem Erwachen bezeichnete der Buddha den Lehrreden zufolge
sich selbst als jemanden, der glücklich lebt.39 Diese Aussage zeigt deutlich,
dass der Buddha – anders als einige der Asketen seiner Zeit – angenehme
Gefühle nicht länger fürchtete. Wie er betonte, war gerade die erfolgreiche
Vernichtung alles geistig Unheilsamen die Ursache seines Glücks und seiner
Freude.40 Eine ähnliche Stimmung vermitteln viele der von erwachten
Mönchen und Nonnen verfassten Verse, in denen das Glück über die durch
die erfolgreiche Übung auf dem Pfad gewonnene Freiheit gepriesen wird.41
Das Entzücken und die nichtsinnliche Freude, die unter den erwachten
Schülern des Buddha herrschten, fanden oft Ausdruck in poetischen Beschreibungen
der Schönheit der Natur.42 Tatsächlich erfreuten sich die
frühbuddhistischen Mönche an ihrer Lebensweise, was von einem auf
Besuch weilenden König bezeugt wurde, der sie als „lächelnd und fröhlich,
voll lauterer Freude und reinem Entzücken, ohne Sorgen und Störungen
lebend“ beschrieb.43 Diese Beschreibung ist ein Teil eines von dem König
vorgenommenen Vergleichs zwischen den Anhängern des Buddha und
anderen Asketen, deren Verhalten eher schwermütig auf ihn wirkte. Für
ihn stellte das Maß der Freude, wie sie die Schülerinnen und Schüler des
Buddha zeigten, eine Bestätigung der Anwendbarkeit von Buddhas Lehre
dar. Diese Textstellen dokumentieren, welch bedeutsame Rolle die nichtsinnliche
Freude im Leben der monastischen Gemeinschaft des frühen
Buddhismus spielte.
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
diese überweltliche Freude und Glück, die nicht den sinnlichen Charakter haben, können den Praktizierenden motivieren, weiter dem Pfad zu folgen.

So ist es, oft geht es ja um das Verstehen und Erkennen, aber diese Freuden spielen dabei eine große Rolle. Sie sind sogar Mittel zur Triebversiegung:

Der mit sechs Eigenschaften ausgestattete Mönch, ihr Mönche, lebt schon bei Lebzeiten glücklich und voll innerer Heiterkeit und besitzt die vollen Mittel zur Triebversiegung. Welches sind diese sechs Eigenschaften?
Da hat der Mönch Freude an der Lehre, Freude an der Geistesentfaltung, Freude am Aufgeben, Freude an der Abgeschiedenheit, Freude an der leidlosen Stätte, Freude am Weltentrücktsein.
A.VI.78

Da geht es buchstäblich um angenehme Gefühle (Sukhasomanassa) und in der ersten Vertiefung könnte man so richtig darin baden:

Gleichwie, ihr Mönche, ein geschickter Bader oder Badergehilfe in einen Messingnapf Seifenpulver schüttet und dieses mit wiederholt hinzugefügtem Wasser mischt; dann würde der Seifenschaumball voller Feuchtigkeit sein, von Feuchtigkeit durchsetzt, innen und außen von Feuchtigkeit durchtränkt sein und nichts würde herabträufeln. Ebenso auch, ihr Mönche, läßt der Mönch diesen Körper von der in der Abgeschiedenheit geborenen Verzückung und Glückseligkeit durchströmen; er durchsättigt, erfüllt und durchtränkt ihn damit, so daß an seinem ganzen Körper auch nicht eine Stelle undurchtränkt bleibt von der in der Abgeschiedenheit geborenen Verzückung und Glückseligkeit. Das, ihr Mönche, ist die erste Entfaltung der edlen fünfgliedrigen Rechten Sammlung.
A.V.28

Die Sehnsucht nach Befreiung ist auch nichts Falsches, das man vermeiden müsste:

Wann werde ich jenes Gebiet betreten und darin verweilen, das die Edlen jetzt betreten, in dem sie jetzt verweilen?' In jemandem, der auf diese Weise Sehnsucht nach der höchsten Erlösung erzeugt, steigt Trauer bedingt durch jene Sehnsucht auf. Solche Trauer wird Trauer, die auf Entsagung beruht, genannt.
M.137

Wobei diese Art Trauer nicht zum Verweilen dient, sondern auch wieder ein Antrieb ist:

Indem ihr euch auf die sechs Arten der Freude, die auf Entsagung beruhen, stützt und euch darauf verlasst, überwindet die sechs Arten der Trauer, die auf Entsagung beruhen, und überschreitet sie.
M.137

So kann die Lehre wohl alle Unsicherheiten und Zweifel beseitigen und zur rechten Praxis führen. Und was gibt es Besseres, als von einem Erwachten angeleitet zu werden?
 
Re: Praxis Das Verlöschen des Begehrens
Mit Gier, Hass oder Verblendung tritt man an die angenehmen, unangenehmen oder neutralen Gefühle heran, die durch sechsfache Sinneswahrnehmung entstehen. Warum? Weil man Dukkha , Anicca und Anatta nicht sieht. Das ist das Problem, aus dem alle Probleme entstehen.
 
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