Triebe, Neigungen bestimmen, gleichviel ob sie gut oder
schlecht, schädlich oder nützlich sind, was der Mensch erlebt
und was nicht. Diese Wahrnehmung, von welcher wir leben,
durch welche wir an Ich und Welt und Dasein glauben, Ich
und Welt und Dasein wähnen, ist Luftspiegelung, ist nicht so
vorhanden, wie sie scheint, ist Blendung, Wahn. Von keiner
Erscheinung „weiß“ der Mensch anders als nur durch die
Wahrnehmung. Und diese Wahrnehmung ist, weil sie eine
Eintragung von gefühlsbesetzten Erfahrungen der Triebe in
den Geist ist, Blendung, Täuschung, Wahn. Durch die Erfahrung
der Süchte, der Triebe, befinden sich gefühlsbesetzte
Wahrnehmungen im Geist, und der unbelehrte Mensch hat
sich so eine Sammlung von Objekten und Begriffen aufgebaut,
selbst konstruiert, nimmt ein Ich an, das eine Welt erlebt, hat
die Wahrnehmung als Substanz des Daseins vergessen, aber
den Inhalt der Wahrnehmung für „an sich bestehend“ genommen.
Diese täuschende Vorstellung, diese falsche Anschauung
des unbelehrten Menschen, die den Inhalt der Wahrnehmung
als Realität nimmt, nennt der Erwachte Wahn, Falschwissen,
Unrealität-Wissen, d.h. das Betreffende ist in der Wirklichkeit
so „nicht zu finden“, ist abseits der Wirklichkeit. Und da der
wahnhafte Geist, der nichts anderes als triebbestimmte Eindrücke
eingesammelt hat, nie die Aufhebung des Begehrens
anstreben kann, so ist durch den unbelehrten wahnbefangenen
Geist die Fortsetzung des Sams~ra mit immer wieder Geborenwerden,
Altern und Sterben und d.h. mit vorwiegend Wehgefühlen
vorprogrammiert.
Aus: Paul Debes, "Die Lehrreden des Buddha", Band 4, Seite 3376-
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