Re: Theravada Verblendung
Noch etwas mehr zu "Bewusstsein" von Narada.
Strenggenommen, aus ultimativer Sichtweise, bedeuten diese Faktoren, die den Edlen Achtfachen Pfad ausmachen, acht mentale Eigenschaften (cetasika), die gemeinsam in den vier Klassen überragenden Bewusstseins (lokutttara citta) zu finden sind, deren Objekt Nibbāna ist.
Es sind: paññindriya (Weisheitsfähigkeit), vitakka (initiale Anwendung), virati (drei Enthaltungen), viriya (Energie), sati(Achtsamkeit ) und ekaggata (Zentriertheit) respektive.
All diese Faktoren kennzeichnen die geistige Haltung des Aspiranten, der danach strebt, seine Befreiung zu erlangen.
Ignoranz (avijjā) oder das Nicht-Wissen der Dinge, wie sie wirklich sind, ist die Hauptursache von Kamma . Abhängig von der Ignoranz entstehen kammische Aktivitäten (avijjāpaccaya samkhārā), erklärt der Buddha in der Paticca Samuppāda (Abhängige Entstehung). Verbunden mit der Ignoranz ist ihr Verbündeter das Verlangen (tanhā), die andere Wurzel von Kamma. Schlechte Handlungen werden durch diese beiden Ursachen bedingt. Alle guten Taten eines Weltlichen (puthujjana), obwohl sie mit den drei heilsamen Wurzeln der Großzügigkeit (alobha), Wohlwollen (adosa) und Wissen (amoha) verbunden sind, werden dennoch als Kamma betrachtet, weil die beiden Wurzeln der Ignoranz und des Verlangens in ihm ruhen. Die moralischen Arten überweltlichen Pfad-Bewusstseins (maggacitta) werden nicht als Kamma betrachtet, weil sie dazu neigen, die beiden Wurzelursachen zu beseitigen.
Gefühl oder, wie einige es bevorzugen zu sagen, Empfindung, ist ein mentaler Zustand, der allen Arten von Bewusstsein gemeinsam ist. Hauptsächlich gibt es drei Arten von Gefühlen, nämlich angenehmes (somanassa), unangenehmes (domanassa) und neutrales (adukkhamasukha). Mit physischem Schmerz (dukkha ) und physischem Glück (sukha) gibt es insgesamt fünf Arten von Gefühlen. Das neutrale Gefühl wird auch Upekkhā genannt, was Gleichgültigkeit oder Gleichmut sein kann.
Nach dem Abhidhamma gibt es nur einen Typ von Bewusstsein, begleitet von Schmerz. Ebenso gibt es nur eins, das von Glück begleitet wird. Zwei sind mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Von den 89 Arten von Bewusstsein finden sich in den verbleibenden 85 entweder ein angenehmes oder ein neutrales Gefühl.
Abhängig von Ignoranz entstehen Konditionierende Aktivitäten.
Abhängig von Konditionierenden Aktivitäten entsteht Wiederanknüpfungs-Bewusstsein (Patisandhi viññāna).
Abhängig von Wiederanknüpfungs-Bewusstsein entstehen Geist und Materie.
Abhängig von Geist und Materie entstehen die sechs Sinnesbereiche.
Abhängig von den sechs Sinnesbereichen entsteht der Kontakt.
Abhängig vom Kontakt entsteht das Gefühl.
Abhängig vom Gefühl entsteht das Verlangen.
Abhängig vom Verlangen entsteht das Ergreifen.
Abhängig vom Ergreifen entstehen Handlungen (Kamma bhava).
Abhängig von Handlungen entsteht die Geburt.
Abhängig von der Geburt entstehen Verfall, Tod, Trauer, Klage,Schmerz, Kummer und Verzweiflung.
So entsteht das gesamte Aggregat des Leidens.
 
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Re: Theravada Verblendung
mukti schrieb:
Das Bewusstsein ist ein khandha.

Großer fehler da. Das Khanda ist verständlicher mit "Sich bewusst sein" zu übersetzen.

Bewusstsein ist ein Khandha, das lehrt der Buddha nach dem Palikanon und der Theravada . Es steht dir natürlich frei zu sagen dass das falsch ist und deine konträre Interpretation so umfangreich auszuführen wie du willst, aber bitte nicht hier im Theravada-Bereich. Man geht nicht zu einer bestimmten Gruppe um zu propagieren dass man es besser weiß während sie falsch liegen, das ist nicht Metta sondern unhöflich und streitlustig.
Das Thema hier ist Verblendung im Sinne des Theravada und nicht wie Verblendung in verschiedenen Schulen aufgefasst wird. In den Bereich "Mitgefühl und Weisheit" würde das passen, der ist u.a. eingerichtet für die "Begegnung der Traditionen". Ich habe schon öfter darauf hingewiesen und bitte noch einmal das zu berücksichtigen.
 
Re: Theravada Verblendung
Bewusstsein ist ein Khandha, das lehrt der Buddha nach dem Palikanon und der Theravada

Analyse mit Copilot:
Das Dokument schlägt vor, den Pāḷi-Begriff viññāṇa nicht als Bewußtsein zu übersetzen, sondern als Wahrnehmen \ Erkennen \ Verstehen. Der Autor argumentiert, dass Bewußtsein eine zu vage und metaphysische Bedeutung hat, die nicht dem entspricht, was viññāṇa im buddhistischen Kontext bedeutet. Viññāṇa ist kein Ding oder eine Wesenheit, die dem Samsara unterliegt, sondern eine Aktivität oder ein Prozess, der anlässlich einer Begegnung von Sinn und Objekt entsteht. Viññāṇa ist auch nicht identisch mit dem Geist (mano), sondern nur einer der fünf Aspekte (khandha) der empirischen Persönlichkeit1. Viññāṇa beinhaltet nicht nur die bloße Wahrnehmung von Fakten, sondern auch das Erkennen von Merkmalen, das Abgleichen mit Gedächtnisdaten, die Interpretation von Informationen und die Anregung zum Handeln. Viññāṇa ist also ein dynamischer und komplexer Vorgang, der sowohl kognitive als auch affektive und volitive Elemente umfasst. Der Autor stützt seine Übersetzungsvorschläge auf eine Analyse der vielfältigen Verwendungen von viññāṇa in den Pāḷi-Texten, sowie auf eigene Beobachtungen aus dem Alltagsleben und der Meditation . Er vergleicht auch die buddhistische Doktrin von viññāṇa mit der heutigen säkularen Sicht auf das Phänomen Bewußtsein. Er kommt zu dem Schluss, dass viññāṇa kein metaphysisches Rätsel ist, sondern eine praktische und empirische Angelegenheit, die für die Erwachung nützlich ist.

Wie gesagt, vinnana ist etwas anderes als Brahman/Pure Consciousness in Advaita oder dem, was man in der deutschen Sprache als Bewusstsein verstehen würde. Bei vielen Pali -Wörter muss man die genaue Bedeutung kennen, weil es kein passendes deutsches Wort dafür gibt.

PS: @mukti Von Vedanta hatte ich bis vor kurzem noch kaum Ahnung, das gucke ich mir gerade an, weil du auf deine Hindu-Novizenzeit hingewiesen hast, das du bhakti -yoga praktiziert hast und weil du mir selber Advaita in dem Link gegeben hast. Versuche dir nur zu erklären, was da, auch wenn die Sprache da zum Teil widersprüchlich scheint, in seiner eigentlichen Bedeutung hilfreich sein könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Theravada Verblendung
Wie gesagt, vinnana ist etwas anderes als Brahman/Pure Consciousness in Advaita oder dem, was man in der deutschen Sprache als Bewusstsein verstehen würde. Bei vielen Pali -Wörter muss man die genaue Bedeutung kennen, weil es kein passendes deutsches Wort dafür gibt.
Kann sein, aber mir Advaita das hat nicht zu tun und auch nicht zu suchen, sorry.
Es gibt sehr gutes Buch dazu:



Die Funktion von viññāna ist schwer einsehbar und noch schwerer in Worte zu fassen.
Daher vermögen alle Bezeichnungen nur einen Teil seines weitläufigen Wirkensfeldes
zu benennen. Meist mit "Bewusstsein" oder "Bewusstseinsablauf" übersetzt
(Bewusstsein wird jedoch für vieles verwendet), aber auch mit "Erfassungsgewohnheit"
(PD: Das Gewöhnt sein, Wohl zu fassen und Weh zu fliehen), "Programmierte
Wohlerfahrungssuche" (PD) das am nächsten kommt aber sehr ungewohnt ist, oder
"Wohlerfahrungssuchlauf" (FS).
Des Weiteren ist zu unterscheiden zwischen Teil-Erfahrung (viññāna-bhāga), z.B. Seh-
Erfahrung, und dem Erfassungsgewohnheits-Strom (viññāna-sota), der vom Geiste ausgeht.
Und auch das:

Viññāna schreibt den Fortsetzungsroman des Lebens. Es ist das weiterlaufende
Schwungrad, die Programmiertheit, Wohl zu suchen, Weh zu fliehen.
Es ist die Schwungkraft, die selber da sein und darin beharren will.
Im Tode, beim Zerfall des Körpers, steigt das viññāna, dieser blinde (programmierte)
Lenker, mit den anderen vier khandha (denn Form, Empfinden, Wahrnehmen und Aktivität
sind ohne Unterbrechung da), dem feinstofflichen Körper-Gebilde mit seinen
Trieben, aus dem grobstofflichen Körper aus wie der Fahrer aus einem zerschlissenen
Auto ("Wie Schlange ihre alte Haut nur abstreift und dann weiterkriecht, so lässt der
Mensch den toten Leib und geht dann in die andre Welt." Jātaka 354) und wird unter
Führung des (erfassungsgewohnten) viññāna (D 15, M 106) zu einem dem Karma
entsprechenden neuen Dasein (denn "Sterben heisst sich beerben." Paul Dahlke) mit
den dafür benötigten Werkzeugen (Körper; grob- oder feinstofflich) hingezogen.
Der Erwachte meint nicht: "Du sollst das Ich lassen." Er sagt: "Diese vergänglichen
Faktoren können nicht das Ich (kein Ich) sein." Die fünf Zusammenhäufungen sind
auf jeden Fall vergänglich. (WuW 2010 Seite 84)
Auf jeden Fall es geht sehr eindeutig um Khandha, egal wie man das ganze um-herum-dreht.
 
Re: Theravada Verblendung
Danke für das Buch/die Auszüge, das erklärt das noch weiter.

Kann sein, aber mir Advaita das hat nicht zu tun und auch nicht zu suchen, sorry.
Mir geht es um diesen Fehler von Mukti hier.
Es ist aber was anderes ob man mit der Ansicht 'Ich bin das unendliche Bewusstsein' das Beobachten von Körper/Geist praktiziert oder mit der Ansicht 'Das Bewusstsein ist ein khandha'
Viññāna als Teil der Persönlichkeit ist ein Khandha, von dem man seine Anhaftung lösen muss, gar keine Frage.
Aber viññāna ist nicht das, was Advanta als "das unendliche Bewusstsein" sieht.
Viññāna kannst du als Teil deiner Persönlichkeit wahrnehmen, wie die anderen vier khandhas auch.
 
Re: Theravada Verblendung
Um meine Gedanken darüber etwas klarer zu machen:
Wenn ich ein paar Jahre Advaita lerne, mir erzählt wird, dass ich brahman bin, das ich reines Bewusstsein bin - und dann Jahrelang Buddhismus in dem Glauben lerne, dass dieses Bewusstsein, das ich ja eigentlich sein soll, nur ein Kloben ist und ich gar nichts bin (bei manchen Texten kam ich früher auch mal kurz auf die Schiene, dass mir der Buddhismus intellektuell jedes Ich aberkannt hat, gleicher Fehler, den ich gerade bei Mukti vermute), dann kann das, da falsche Ansicht, denke ich schon hinderlich sein.
So, ob ich damir recht habe oder nicht, kann ich natürlich nicht sagen, dass kann nur mukti sagen.
Mir hat die erneute Auseinandersetzung mit Viññāna jedenfalls auch etwas intellektuell helfen können, wieder etwas mehr gelernt - möge es noch anderen nützlich sein :)
 
Re: Theravada Verblendung
Mir geht es um diesen Fehler von Mukti hier.
Es ist echt streitsüchtig und unhöflich, was du machst, -OT,

Viññāna kannst du als Teil deiner Persönlichkeit wahrnehmen, wie die anderen vier khandhas auch.
aber zur Sache: ich als @Igor07 beobachte meine alle khandha, wenn ich das Gaukelspiel von denen durchschaue, im Sinne S22.95:

"Dem Schaumball gleicht der Körper, der Wasserblase das Gefühl, ein Luftphantom ist Wahrnehmung der Sinne, Gestaltungen sind ohne Kern wie der Bananenstamm, und Gaukelkünsten ähnelt das Bewußtsein. So hat der Sonnenheld es aufgezeigt. Wenn man so nachsinnt, gründlich untersucht, als hohl und leer erkennt man es dann weise.

Dann der nächste Schritt , hoffe ich, es kommt irgendwann:

Als Māra die Nonne Selā fragte, "Wer schuf diesen Körper, woher ist er gekommen und wohin wird er gehen?", gab sie eine Abhandlung über die Ichlosigkeit zur Antwort:

Diese Gliederpuppe ist nicht selbstgemacht, und auch ward dies Übel nicht von einem anderen geformt. Durch eine Ursache entstand es; durch eine andere Ursache vergeht es. Wie ein Samen, der im Feld gesät wurde, und durch die Fruchtbarkeit der Erde und durch Feuchtigkeit – durch diese beiden wächst, So entstehen die fünf Daseinsgruppen, die bedingten Dinge, und die sechs Fähigkeiten - jedes von ihnen - durch eine Ursache; Durch eine andere vergehen sie.
(S.5.9)
Dazu:

Buddha erstellte verschiedene Gliederungen der bedingten Erscheinungen, so daß Zuhörer mit unterschiedlichen Neigungen davon profitieren konnten. Einige verstehen die achtzehn Elemente klar, andere die fünf Daseinsgruppen. Wie auch immer, was wir verstehen müssen, so wie es auch Selā verstand, ist daß keines dieser Dinge "ich" enthält oder "mein" oder "Ich selbst". All diese Erscheinungen - die Daseinsgruppen, die Elemente, die Sphären entstehen aufgrund bestimmter Bedingungen, und wenn diese Bedingungen enden, haben natürlicherweise auch die Daseinsgruppen ein Ende. Wenn die treibende Kraft der jeweiligen Ursachen verbraucht ist, hört all das, was wir irrtümlicherweise für "ich" oder "mein" gehalten haben mit all seinen Aspekten auf. So erkennen wir mit Selā, daß es nirgendwo ein wirkliches, unabhängiges oder bleibendes "Ich" gibt, das die Kraft besitzt, sich selbst zu schaffen und zu erhalten. Es existiert nur die Vorstellung "ich bin", die durch Unwissen bedingt ist, d.h. durch unsere Unfähigkeit Geist-und-Körper so zu sehen wie sie wirklich sind, nämlich als unpersönliche Prozesse. Die Idee vom "ich" ist wesenlos und bedingt durch Ursachen; auch sie ist von Natur aus unbeständig, und verschwindet ganz, wenn Unwissen und andere Bedingungen ausgerottet sind. Dann ist man ein Arahat .


Kurz zusammengefasst, es gibt die absolute Unpersönlichkeit im allem Dasein, die innere Verwirklichung von Anatta wäre dann die echte Realisation, auch der Geschmack davon man kann genug im diesem Leben erhaschen, wenn man Satipatthana praktiziert.
 
Re: Theravada Verblendung
Übt ihr euch in Metta, in dem Moment, in dem ihr Unfreundlichkeit seht? Wo ist diese Unfreundlichkeit? In den Buchstaben, die ihr auf dem Bildschirm sehr? Ist der Bildschirm unfreundlich? Sind eure Augen unfreundlich, die den Bildschirm sehen? Sind eure Gedanken unfreundlich? Wer ist wirklich unfreundlich? :)
 
Re: Theravada Verblendung
Übt ihr euch in Metta, in dem Moment, in dem ihr Unfreundlichkeit seht? Wo ist diese Unfreundlichkeit? In den Buchstaben, die ihr auf dem Bildschirm sehr? Ist der Bildschirm unfreundlich? Sind eure Augen unfreundlich, die den Bildschirm sehen? Sind eure Gedanken unfreundlich? Wer ist wirklich unfreundlich? :)
Du. :)
Ich lese hier schon eine Weile mit und ich möchte dir da gar keine bösen Absichten unterstellen. Aber deine Wortwahl gegenüber @mukti und deine Beharrlichkeit Dinge besser verstehen zu wollen als die andern, plus das nicht aufhören zu diskutieren, obwohl der gegenüber mehrmals darum bittet, lässt dich in meinen Augen extrem unhöflich erscheinen. 🤷‍♀️
 
Re: Theravada Verblendung
Mir geht es um diesen Fehler von Mukti hier.

Viññāna als Teil der Persönlichkeit ist ein Khandha, von dem man seine Anhaftung lösen muss, gar keine Frage.
Aber viññāna ist nicht das, was Advanta als "das unendliche Bewusstsein" sieht.
Viññāna kannst du als Teil deiner Persönlichkeit wahrnehmen, wie die anderen vier khandhas auch.

Du hast eine bestimmte Überzeugung und ich versuche nicht, dich davon abzubringen.

Es geht aber nicht um richtig oder falsch der Gegensätze Nihilismus-Eternalismus bzw. Vernichtungsansicht und Ewigkeitsansicht.
"Diese beiden Extreme hat der Vollendete gemieden und die in der Mitte liegende Lehre verkündet", nämlich die bedingte Entstehung. (S.12.35)

Du schreibst in Beitrag 54:
Die Yoga-Sutras sprechen auch davon, dass man sein wahres Ich erkennen soll, und der Buddhismus, dass man sich von der Ich-Illusion (Maya im Hinduismus) lösen muss.
Die Unwissenheit (avidyā) über die wahre Identität" ist ja quasi identisch mit dem, was hier der Titel des Threads ist.
Tolle erklärt den Ursprung der Verblendung ja auch in "Eine neue Erde" - da geht er noch etwas weiter als der Buddha, der damals die Antwort auf die Frage ablehnte :)

Der Buddha hat aber die Antwort aus gutem Grund abgelehnt:

Wird aber, Bruder, die Form, das Gefühl die Wahrnehmung, die Gestaltungen, das Bewußtsein der Wirklichkeit gemäß erkannt und gesehen, ihr Entstehen, ihre Auflösung und das zu ihrer Auflösung führende Vorgehen, dann denkt man nicht: 'Der Vollendete besteht nach dem Tode, der Vollendete besteht nicht nach dem Tode, der Vollendete besteht sowohl als auch nicht nach dem Tode, der Vollendete besteht weder-noch besteht er nicht nach dem Tode'.
Das ist der Anlaß, Bruder, das ist der Grund, daß sich der Erhabene darüber nicht geäußert hat.
S.44.4


19. "Was meinst du, Anuradha: Betrachtest du den Vollendeten als in der Körperlichkeit?" - "Wahrlich nicht, o Herr." - "Betrachtest du den Vollendeten als außerhalb der Körperlichkeit?" - "Wahrlich nicht, o Herr." - "Betrachtest du den Vollendeten als im Gefühl - in der Wahrnehmung - in den Gestaltungen - im Bewußtsein?" - "Wahrlich nicht, o Herr." - "Betrachtest du den Vollendeten als außerhalb von Gefühl - als außerhalb von Wahrnehmung - von Gestaltungen - von Bewußtsein?" - "Wahrlich nicht, o Herr."
20 . "Was meinst du, Anuradha: Betrachtest du Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein (zusammen) als den Vollendeten?" - "Wahrlich nicht, o Herr."
21. "Was meinst du, Anuradha: Einen, der ohne Körperlichkeit ist, ohne Gefühl, ohne Wahrnehmung, ohne Gestaltungen und ohne Bewußtsein, betrachtest du den als den Vollendeten?" - "Wahrlich nicht, o Herr."
22. "Da nun also von dir, o Anuradha, der Vollendete nicht einmal bei Lebzeiten wirklich und wahrhaft aufgefunden werden kann, ist dann deine Behauptung angebracht: 'Der da der Vollendete ist, das höchste Wesen, das edelste Wesen, der das höchste Ziel erreicht hat; soll ein solcher Vollendeter bezeichnet werden, dann wird er es außerhalb dieser vier Möglichkeiten: Der Vollendete besteht nach dem Tode - der Vollendete besteht nicht nach dem Tode - der Vollendete besteht und besteht nicht nach dem Tode - der Vollendete besteht weder noch besteht er nicht nach dem Tode'?" - "Wahrlich nicht, o Herr."
23. "Gut, gut, Anuradha! Dies nur, o Anuradha, verkünde ich, früher wie heute: das Leiden und des Leidens Aufhebung."
S.22.86

Erklärt auch in M.72 und ausführlich in M.102 und D.1.

Demnach betrifft der Titel des Threads nun mal nicht "die Unwissenheit über die wahre Identität". Festhalten an jeglicher Identität ist nach der Lehre Verblendung, Nibbana ist ohne Stütze und ohne Halt.

514 DER ERHABENE
Auf einem Wege, von ihm selbst geschaffen, Wer, frei von Zweifel, zum Nibbāna hingelangt, Wer Sein und Nichtsein hinter sich gelassen, Sein Werk vollbracht hat und das Wiedersein getilgt, Der ist ein 'Mönch'.
1075 UPASIVA
Er, der zum Ende ging, besteht er dann nicht mehr? Ist er vielleicht für ewig dann genesen? Das mögest, Muni, du mir gut erklären, Denn wahrhaft hast durchschaut du diese Lehre.
1076 DER ERHABENE
Kein Maß gibt es für ihn, der hin zum Ende ging. Nicht gibt's ein Wort, durch das man ihn erfaßt. Wenn alle Dinge völlig abgetan, Sind abgetan auch aller Rede Pfade.
S.N.V.6
 
Re: Theravada Verblendung
Nach seinem Erwachen hat der Buddha ein System geschaffen das zum Erwachen führt, das Buddha-Dhamma . Da ist erklärt was Verblendung bedeutet:

Unmöglich ist es, und es kann nicht sein, ihr Mönche, daß ein Erkenntnis besitzender (*1) Mensch irgendein Gebilde für unvergänglich halten sollte. Solche Möglichkeit besteht nicht. Wohl aber ist es möglich, daß ein Weltling irgendein Gebilde für unvergänglich hält.
Unmöglich ist es, und es kann nicht sein, daß ein Erkenntnis besitzender Mensch irgendein Gebilde für glückbringend halten sollte. Solche Möglichkeit besteht nicht. Wohl aber ist es möglich, daß ein Weltling irgendein Gebilde für glückbringend hält.
Unmöglich ist es, und es kann nicht sein, daß ein Erkenntnis besitzender Mensch irgend etwas (*2) für ein Selbst halten sollte. Solche Möglichkeit besteht nicht. Wohl aber ist es möglich, daß ein Weltling irgend etwas für ein Selbst hält.

(*1) ditthi-sampanno; dies ist eine der üblichen Bezeichnungen für den »in den Strom Eingetretenen« (sotāpanna), der ersten Heiligkeitsstufe. Es handelt sich hier also um die auf den Heiligkeits-Pfaden (ariya-magga ) erworbene unerschütterliche Erkenntnis (K: magga-ditthi) nicht um die noch unsichere des Weltlings.
(*2) Irgend etwas' (kañci dhammam). In den beiden ersten Abschnitten heißt es im Text 'irgendein Gebilde' (kañi sankhāram); das dritte Merkmal vom Nicht-Ich bezieht sich aber auch auf das Nibbana, das kein 'Gebilde', d.h. nichts Gewordenes oder Bedingtes ist, aber gleichfalls kein Ich oder 'Überselbst' darstellt oder einschließt.
A.I.25

Demnach gibt es für einen Menschen der in den Strom des Erwachens eingetreten ist, keinen Zweifel an der Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit aller Gebilde (sankhāram) und keinen Zweifel dass nirgendwo (kañci dhammam) ein Selbst zu finden ist. Ein Selbst (atta), existiert unabhängig aus sich selbst heraus. Körper und Geist existieren nicht aus sich selbst heraus sondern sind dem Entstehen und Vergehen unterworfen, können also kein Selbst sein. Weder mit den fünf körperlichen Sinnen noch mit dem Geistsinn ist ein unabhängiges Selbst jenseits von Körper und Geist erkennbar, also kann es nur etwas Gedachtes sein, eine Wunschvorstellung, die dem Daseinsdurst entspringt.

Soviel ich weiß und was man von Experten hört, hat nur der Buddha das so gelehrt. Ist es wirklich wahr? Ist es nicht so, dass man eben da ist mit einem "Ich", wenn man geboren wird und wenn man stirbt, ist das Ich eben auch zu Ende? Oder wenn es weiter existiert, dann eben auf eine andere Weise? Und wenn vollständig erkannt ist, dass man nicht der Körper/Geist ist, verlischt man dann oder ist man das Unvergängliche? Weil der Buddha das Ende von Dukkha verspricht nimmt man Zuflucht zu Buddha, Dhamma und Sangha und wenn dann diese Zweifel entstehen kann man mit der Zuversicht dass sie sich auflösen werden, den Weg einfach weitergehen. Oder man dreht die Lehre so hin, dass kein vollständiges Verlöschen des "Ich" dabei herauskommt oder man verlässt den Pfad und sucht sich einen anderen. Zweieinhalb Jahrtausende nach dem Buddha gibt es viele verschiedene Ansichten über die Lehre, und solange man diese Dinge nicht so erkennt wie sie wirklich sind, weiß man auch nicht sicher welche Ansicht die richtige ist. Es kommt wohl letztlich darauf an welcher man am meisten vertraut, solange man nicht in den Strom des Erwachens eingetreten ist.
 
Re: Theravada Verblendung
Ist es nicht so, dass man eben da ist mit einem "Ich", wenn man geboren wird und wenn man stirbt, ist das Ich eben auch zu Ende? Oder wenn es weiter existiert, dann eben auf eine andere Weise? Und wenn vollständig erkannt ist, dass man nicht der Körper/Geist ist, verlischt man dann oder ist man das Unvergängliche?
Lieber @mukti, wenn ich dich recht verstehe, dann ich hatte es so verstanden, dass das „Ich“ niemals ( in bhava) anwesend war. Genau durch die bedingte abhängige Entstehung läuft der ganze Prozess weiter ab. Wenn aber, im Umkehr-Schluss, die Dinge , wie „Ich“ aus sich selbst heraus existierten ( also als svabhava/ Selbt-Sein), dann, also folglich, die ganze Welt der Kausalität und des unablässigen Wandelns , also Entstehen/ Vergehen, und auch Karma wären nicht möglich. Durch oder dann diese Leerheit ( Abwesenheit der zugrundeliegenden Substanzialität) auch die Befreiung wird möglich. Sehr viel darüber hatten später Nagarjuna und Mādhyamaka geschrieben, mir hatte es geholfen, rein intellektuell ein wenig zu verstehen. LG.

P.S. Bei dir steht doch „Tradition übergreifend, deswegen ich hatte es gepostet.
 
Re: Theravada Verblendung
Hallo @Igor07,
Steht da schon wieder traditionsübergreifend, das hab ich nicht absichtlich hingeschrieben. Aber gut, wenn es nun mal da steht muss ich mich halt drauf einstellen.
"Svabhava" ist ein interessantes Wort, wo hast du das denn her? Ich verstehe es auch so, dass das "Ich" an sich nicht existiert, nur als geistige Gestaltung oder Vorstellung, und die hängt ab von Unwissenheit und Begehren. Und ja, es ist ein Prozess ständigen Werdens und Vergehens, kein statisches Sein. Die ganze Kette der bedingten Entstehung (paticcasamuppāda) ist mir zu kompliziert zum Kontemplieren, aber mit dem Eindringen in die Lehre werden manchmal einige dieser Zusammenhänge klarer. Von welcher Seite man die Lehre auch immer angeht, es führt immer zum Ganzen, denn da hängt alles mit allem zusammen, die Lehre ist aus einem Guss ohne Widersprüche. Nur weil es verschiedene Blickwinkel und Ebenen gibt, scheint sich manches zu widersprechen.
 
Re: Theravada Verblendung
"Svabhava" ist ein interessantes Wort, wo hast du das denn her?
Aus dem Buch : "Die buddhistische Lehre von der Ganzheit des Seins", Garma C.C. Chang, zitiert im Buch von Masao Abe " Der Buddhismus", aber man kann es auch bei Wiki finden:

Svabhava(Sanskrit:स्वभाव, svabh.vaPali:सभाव, sabh.vaChinese:自性;Pinyin:zìxìng;Tibet:རང་བཞིན,Wylie:rang-bzhin)[1]wörtlich "Eigentümer" oder "eigenes Becoming" bedeutet. Es ist die intrinsische Natur, wesentliche Natur oder Wesen der Wesen.
Und ja, es ist ein Prozess ständigen Werdens und Vergehens, kein statisches Sein.
Genau, aber diesen Aspekt man kann sehr gut kontemplieren, denke ich. Ich hatte an dich und deinen Thread gedacht, @mukti , als ich dieses Video gefunden hatte: ( hoffe, es würde dich nicht ärgern, das ist aus der Thailändischen Waldtradition ). LG.

 
Re: Theravada Verblendung
Und wenn vollständig erkannt ist, dass man nicht der Körper/Geist ist, verlischt man dann oder ist man das Unvergängliche?
Letzteres, unvergänglich würde ich mit unsterblich gleichsetzen. All das wird von dir auch wahrgenommen, wenn du die Befreiung erreicht hast.
Die Tatsache, dass Nibbāna als eines der mentalen Objekte (vatthudhamma) realisiert wird, beweist eindeutig, dass es kein Zustand des Nichts ist. Wenn dies der Fall wäre, hätte der Buddha seinen Zustand nicht mit Begriffen wie „Unendlich“ (Ananta), „Unbedingt“ (Asamkhata), „Unvergleichlich“ (Anūpa-meya), „Höchstes“ (Anuttara), „Übersteigend“ (Para), „Jenseits“ (Pāra), „Höchstes Refugium“ (Parāyana), „Schutz“ (Tāna), „Unversehrtheit“ (Khema), „Glückseligkeit“ (Siva), „Einzigartig“ (Kevala), „Ortlos“ (Anālaya), „Unvergänglich“ (Akkhara), „Absolute Reinheit“ (Visuddha),Überweltlich(Lokuttara),Unsterblichkeit“ (Amata), „Befreiung“ (Mutti), „Frieden“ (Santi) usw. beschrieben.

Soviel ich weiß und was man von Experten hört, hat nur der Buddha das so gelehrt. Ist es wirklich wahr? Ist es nicht so, dass man eben da ist mit einem "Ich", wenn man geboren wird und wenn man stirbt, ist das Ich eben auch zu Ende? Oder wenn es weiter existiert, dann eben auf eine andere Weise? Und wenn vollständig erkannt ist, dass man nicht der Körper/Geist ist, verlischt man dann oder ist man das Unvergängliche? Weil der Buddha das Ende von Dukkha verspricht nimmt man Zuflucht zu Buddha, Dhamma und Sangha und wenn dann diese Zweifel entstehen kann man mit der Zuversicht dass sie sich auflösen werden, den Weg einfach weitergehen. Oder man dreht die Lehre so hin, dass kein vollständiges Verlöschen des "Ich" dabei herauskommt
Du bist schon so weit - das ist eigentlich genau der Punkt, an dem dich Theravada haben will, wie ich das die letzten Tage verstanden habe.
(Den Einwand, dass das gefährlich wäre, nehme ich mal zurück, das ist einfach so gedacht :) )
AUF DEN PUNKT GEBRACHT Texte zu „Ich-und-Mein“ von Buddhadāsa Bhikkhu würde ich dir wirklich empfehlen, das dürfte dir denke ich weiter helfen.
Buddhadasa ist auch ein thailändischer Theravada-Mönch, das müsste doch passen ;)

oder man verlässt den Pfad und sucht sich einen anderen.
Von Narada - der Kanon sagt auch, dass man sich nicht 100% auf diesen Weg beschränken muss und alles andere ausblenden sollte.
In dem edlen Toleranzedikt, das auf den Culla Vyūha und Mahā Vyūha Suttas basiert, sagt König Asoka: „Gemeinschaft allein ist am besten, das heißt, alle sollten bereitwillig den von anderen bekannten Lehren lauschen.“

PS: Entschuldigt bitte, wenn meine letzten Antworten etwas unfreundlich erschienen, das sollte nicht der Sinn sein. Hätte mir da etwas mehr Zeit zum lesen und schreiben nehmen sollen 🙏

Liebe Grüße :)
 
Re: Theravada Verblendung
Aus dem Buch : "Die buddhistische Lehre von der Ganzheit des Seins", Garma C.C. Chang, zitiert im Buch von Masao Abe " Der Buddhismus", aber man kann es auch bei Wiki finden:

Svabhava(Sanskrit:स्वभाव, svabh.vaPali:सभाव, sabh.vaChinese:自性;Pinyin:zìxìng;Tibet:རང་བཞིན,Wylie:rang-bzhin)[1]wörtlich "Eigentümer" oder "eigenes Becoming" bedeutet. Es ist die intrinsische Natur, wesentliche Natur oder Wesen der Wesen.
Dankeschön, auch für den Vortrag von Ajahn Chattamalo, den höre ich mir später an.
 
Re: Theravada Verblendung
Buddhadasa ist auch ein thailändischer Theravada-Mönch, das müsste doch passen ;)
Ja danke ich weiß, manch andere dieser Tradition sprechen mich mehr an. Das ist halt individuell zu welchen Meistern man sich mehr oder weniger hingezogen fühlt.

PS: Entschuldigt bitte, wenn meine letzten Antworten etwas unfreundlich erschienen, das sollte nicht der Sinn sein. Hätte mir da etwas mehr Zeit zum lesen und schreiben nehmen sollen 🙏
Schon gut, ich will dich und deine Sichtweise auch gar nicht kritisieren. Es ist hier der Theravada-Bereich, das Präfix "Traditionsübergreifend" ist mir irrtümlich unter den Titel gerutscht, das konntest du nicht wissen, jetzt ist es weg.

Es kann halt mit der Zeit etwas nerven, wenn man ungefragt immer wieder wegen angeblich falscher Ansichten korrigiert wird, also ich hab schon meine zuverlässigen Quellen. Es ist schwierig, einen Raum zu finden wo alle in den wesentlichen Dingen am selben Strang ziehen. Ich habe mich mehr als genug in buddhistischen Foren in Diskussionen um Ansichten verwickeln lassen, das bringt nichts.
 
Re: Theravada Verblendung
Wo sagt das der Kanon?
das auf den Culla Vyūha und Mahā Vyūha Suttas basiert

IV.13. Die große Entgegnung (Mahā-Viyūha-Sutta) - [Pali]​


895 (DER FRAGENDE)

Die Menschen, welche eingewöhnt in Ansicht,Behauptend: 'Dieses nur ist Wahrheit',Ziehen bloßen Tadel sich all diese zu?Ist es nicht Lob auch, das sie dabei ernten?
896 (DER ERHABENE)

Wertlos ist dieses! Nicht dient es dem Frieden.Stets zweifach, künd' ich, sind des Streites Früchte. [1]Dieses erkennend, möge man nicht streiten, [2]Die Ruhe schauend, jene Stätte ohne Streit. [3]
897

Was da an Meinung von der Menge ausgeht,Nicht nähert sich all dem, wer wissend. [4]Wer nimmer nahe geht, woran auch sollte er sich nähern, [5]Der an Gesehenem und Gehörtem kein Genüge findet? [6]
898

Die da im Regeltum das Höchste sehen,Sie sagen, daß durch Zügelung 'Reinheit' komme. [7]Gelübden, die sie aufgenommen, dienen sie:,Dies laßt uns üben, daß uns Reinheit werde!'Daseinssverdungen nennen sie sich 'Kenner'.
899

Wenn einer abfällt von den Regeln und Gelübden, [8]In Angst gerät er, wenn sein Werk mißlungen.Er sehnt sich, schmachtet nach der 'Reinheit',Dem Pilger gleich, verlassen von der Karawane. [9]
900

Von Regeln und Gelübden gänzlich lassend,Und auch vom Wirken, schlechtem oder gutem.Nach 'rein' und 'unrein' kein Verlangen tragend, [10]Entziehe man sich dem und suche nicht darin den Frieden. [11]
901

Sich stützend auf Kasteiung oder eklen Brauch,Auch auf Gesehenes, Gehörtes, anderswie Erfahrenes,Den Weg verfehlend, jammern sie um 'Reinheit', [12]Die unbefreit vom Durst nach immer neuem Dasein.
902

Dem, der verlangt, kommt immer neu Begehren; [13]Besorgnis stellt sich ein bei Wunschgedanken. [14]Für den es aber Sterben und Entstehen nicht gibt,Worum sollt' er sich sorgen und wonach begehren?
903 (DER FRAGENDE)

Die Lehre, die die einen für die höchste halten,Die eben halten andere für geringer,Welch' Rede wohl ist Wahrheit unter diesen?Denn alle die bezeichnen sich als 'Kenner'! [15]
904 (DER ERHABENE)

Die eigene Lehre nennen sie vollendet,Des anderen Lehre aber sei geringer.Derart befangen kommen sie ins Streiten, [16]Und jeder nennt die eigene Meinung 'Wahrheit'.
905

Wenn durch den Tadel anderer sie geringer würde,Dann gäb' es keine Lehre, die vorzüglich wäre.Denn jede andere Lehre hält die Menge für gering,Doch von der eig'nen redet sie mit Nachdruck. [17]
906

So eben ist ihr Kult der eigenen Lehre!Gemäß dem Lob, das sie den eigenen Wegen zollen,All' diese Lehren müßten Wahrheit sein,Denn jede für sich selbst beansprucht 'Reinheit'.
907

Lenkung durch andere kennt kein wahrer Priester. Und auch kein Dogma, unter Lehren ausgesucht.Daher hat Meinungsstreit er gänzlich überwunden,Denn keine andere Lehre hält er für die beste. [18]
908

,Ich sehe es und weiß: So eben ist es!'In falscher Ansicht sehen einige 'Reinheit'.Wenn so er sieht, was nützt es einem solchen? [19]Den Weg verfehlend, halten anderes sie für 'Reinheit'. [20]
909

Ein Mensch, der sehend, sieht wohl Geist und Körper, [21]Doch durch sein Sehen wird er nichts als diese kennen.Mag nach Belieben viel er sehen oder wenig,Nicht dadurch wird ihm 'Reinheit', sagen Kenner.
910

Ein Dogmenkünder, wahrlich, ist nicht leicht belehrbar; [22]Erdachte Ansicht ist es, der er nachfolgt. [23]Woran er hängt, das, sagt er, sei das Gute,Das 'Reine' kündend, wie er's eben ansieht. [24]
911

Der Heilige fügt sich nicht ein ins MaßVon etwas, das begreifbar ist, benennbar. [25]Nicht mehr ergeht er sich in TheorienUnd hat sich auch dem Wissen nicht verschrieben. [26]Erkennend all die Meinungen der Menge,Bleibt er betrachtend, wo die anderen greifen. [27]
912

Der Muni, der die Bande dieser Welt gelöst,Wenn Streitgespräch entstanden, nimmt er nicht Partei. [28]Inmitten Friedloser befriedet, bleibt er ein Betrachter. [29]Er greift nicht mehr, wo noch die anderen greifen.
913

Alte Triebe lassend, neue nicht erzeugend,Folgt nicht der Willkür er und ist kein Dogmenkünder. [30]Von Theorien ganz befreit, ein Weiser,Von Selbst-Vorwürfen frei, lebt unbefleckt er in der Welt.
914

Von all den Dingen keinem sich verbindend, Was auch gesehen ward, gehört und anderswie erfahren. [31] Der Muni, der die Bürde abwarf, ganz entbunden, Der unbegreifbar: er entsagt nicht und ersehnt nicht. [32]


Diese Sutta thematisiert die verschiedenen Ansichten und Meinungen, die Menschen haben, insbesondere im Zusammenhang mit spirituellen Lehren und der Suche nach Wahrheit. Der "Fragende" stellt fest, dass Menschen oft in ihren eigenen Ansichten befangen sind und behaupten, dass nur ihre Ansicht die Wahrheit sei. Er fragt sich, ob diese Menschen nicht auch Lob für ihre Überzeugungen verdienen, da sie sich so stark dafür einsetzen (895).

Der "Erhabene" antwortet jedoch, dass solche Streitereien wertlos sind und dem Frieden nicht dienen. Er betont, dass es keine einzige Wahrheit gibt und dass das Festhalten an eigenen Ansichten zu Konflikten führt (896).

Die Sutta diskutiert weiter, wie Menschen oft in ihren eigenen Vorstellungen gefangen sind und sich auf äußere Konzepte wie Regeln, Gelübde oder äußere Zeichen von Reinheit verlassen, anstatt den inneren Frieden zu suchen (898-901). Der "Erhabene" betont, dass die Fixierung auf äußere Formen der Reinheit nicht zur Befreiung führt und dass wahre Reinheit jenseits solcher Konzepte liegt (902).

Es wird auch darauf hingewiesen, dass das Beharren auf eigenen Ansichten zu Streit und Konflikt führt, während ein weiser Mensch die Vielfalt der Meinungen respektiert und nicht an Dogmen festhält (910-912).

Die Sutta schließt damit, dass wahre Freiheit darin besteht, sich von allen Bindungen und Konzepten zu lösen und jenseits von Begreifbarem und Benennbarem zu existieren (913-914). Es wird betont, dass ein Weiser nicht nach äußeren Dingen strebt und nicht an festen Überzeugungen festhält, sondern in einem Zustand der inneren Freiheit und Gelassenheit lebt.


IV.12. Die kurze Entgegnung (Cūla-Viyūha-Sutta) - [Pali]​


878 (DER FRAGENDE)
In eigene Ansicht jeder eingewöhnt, befangen,Ist's unterschiedlich, was die Kenner lehren:,Wer so versteht, der, wahrlich, kennt die Wahrheit;Wer diesem widerspricht, hat sie verfehlt.'
879

Derart befangen, kommen sie ins Streiten.,Ein Tor der andere, unbefähigt!', spricht man.Welch Rede wohl ist Wahrheit unter diesen?Denn alle die bezeichnen sich als 'Kenner'!
880 (DER ERHABENE)

Weil man der Lehre eines anderen nicht zustimmt,Wenn darum als ein Tor man gilt und als 'verstandesschwach',So sind sie alle selbst 'verstandesschwache Toren',Denn alle kennen nur die eigene, gewohnte Ansicht.
881

Doch wenn nach eigener Meinung sie so 'aufgeklärt',Von makelloser Einsicht , kundig, weise sind,Von ihnen keiner wäre da 'verstandesschwach',Denn jedem gilt die eigene Ansicht als vollkommen.
882

Nicht kann mir solches als das Rechte gelten, [1]Wobei einander sich die Gegner Toren nennen.Die eigene Ansicht immer machen sie zur Wahrheit,Daher den anderen glauben sie als Toren.
883 (DER FRAGENDE)

Was da nun einige 'Das Wahre, Rechte' nennen,Das, sagen andere, ist falsch und unwahr.Derart befangen, kommen sie ins Streiten,Warum nicht lehren Eines die Asketen?
884 (DER ERHABENE)

Eins ist die Wahrheit, nicht gibt's eine zweite, - [2]Sie kennend, wird hierbei der Mensch nicht streiten!Sie aber künden selbst Verschiedenes als Wahrheit,Daher nicht lehren Eines die Asketen.
885 (DER FRAGENDE)

Warum nun lehren sie verschiedene Wahrheit,Die Redner, die als 'Kenner' sich bezeichnen?Ist's, weil die Wahrheit selber vielfach ist, verschieden? [3]Ist's, weil sie dabei eigenem Grübeln folgen?
886 (DER ERHABENE)

Nicht gibt es Wahrheit vielerlei, verschieden,Von ew'ger Geltung in der Welt, es sei denn bloß im Dünken. [4]Doch wenn ihr Grübeln sie in Theorien festgelegt, [5]Dann sprechen sie vom Doppelding der Wahrheit und des Irrtums.
887

Sei's auf Gesehenes, Gehörtes, anderswie Erfahrenes,Sei es auf Regeln, Riten und Gelübde,Darauf gestützt, Verachtung zeigt man, [6]Bestehend selbstgefällig auf dem eigenen Urteil.,Ein Tor der andere, unbefähigt!', sagt man.
888

Deshalb den anderen man für einen Toren hält,Deshalb nennt selber man sich 'kundig'.Sich selber so für kundig haltend,Verachtet andere man und sagt's entsprechend!
889

Er, der vollkommen nur in ganz verfehlter Ansicht, [7]Berauscht ist er von Stolz und angefüllt mit Dünkel.Sich selbst im Geiste krönt er eigenhändig,Weil seine Ansicht gar so sehr vollkommen!
890

Wenn nach dem Wort des anderen man gering (an Einsicht),So teilt man solch geringe Einsicht mit dem anderen Und wenn ein jeder sich für wissend, weise hält, Dann gibt es keinen Toren unter den Asketen!
891

,Die anderes als dies verkünden als die rechte Lehre,Die Reinheit haben sie verfehlt, sind unvollkommen!' [8]So hört man vielfach die Sektierer reden.In Leidenschaft zu eigener Ansicht sind sie ganz entbrannt.
892

,Hier nur ist Reinheit!', also redet man.Nicht spricht man anderen Lehren Reinheit zu. [9]Vielfältig festgelegt sind so Sektierer,Vom eigenen Weg nur reden sie mit Nachdruck.
893

Und spricht er auch vom eigenen Weg mit Nachdruck,Warum sollt' einen andern er für töricht halten?Sich selber nur bringt er in Streitigkeiten,Indem vom anderen er als 'Tor' und 'Unrein' spricht. [10]
894

Indem auf seinem Urteil man besteht, [11]Sich selber als den Maßstab nimmt,Nur mehr noch kommt man in der Welt ins Streiten.Doch wenn da aufgegeben alles Aburteilen, [12]Nicht wird man Streit erzeugen in der Welt.



Diese Sutta thematisiert die verschiedenen Ansichten und Meinungen, die Menschen haben, insbesondere im Zusammenhang mit spiritueller Lehre und Wahrheit. Die Sutta beginnt damit, dass der Fragende (878) feststellt, wie Menschen in ihren eigenen Ansichten befangen sind und daher dazu neigen, mit anderen zu streiten. Er stellt fest, dass jeder behauptet, die Wahrheit zu kennen, und jene, die anderer Meinung sind, als unwissend bezeichnen.

Der Erhabene (880) antwortet daraufhin, dass diejenigen, die andere Ansichten nicht akzeptieren, als unwissend betrachtet werden, jedoch im Grunde genommen alle unwissend sind, da sie nur ihre eigenen Ansichten kennen und nicht über den Horizont ihrer eigenen Meinungen hinausdenken können.

Die Diskussion dreht sich weiter um die Frage, warum verschiedene spirituelle Lehrer unterschiedliche Wahrheiten lehren (883-884). Der Erhabene erklärt, dass es letztlich nur eine Wahrheit gibt und dass die Vielfalt der Lehren auf unterschiedliche Interpretationen und persönliche Vorlieben zurückzuführen ist. Menschen neigen dazu, sich in ihren eigenen Ansichten zu verstricken und andere abzuwerten, die nicht mit ihnen übereinstimmen.

Schließlich betont der Erhabene, dass wahre Reinheit nicht durch Festhalten an einer bestimmten Lehre oder Meinung erreicht wird, sondern durch das Aufgeben von Vorurteilen und die Befreiung von festgefahrenen Ansichten (892-894). Er schließt damit, dass das Aufgeben des Urteilens und die Annahme von Vielfalt und Unterschieden zu Frieden und Harmonie führen können.

So the truth must be one. There must be one reality. We are all part of this one reality. So if enlightened persons have accessed this truth, they have become enlightened about this truth, shouldn't they give one account of it? And look at the difference.
[...]
And then Buddha, who was before all of them, he said, none of this is true. There is no God, there is no permanent Self and He is also enlightened. How? How? I think for that we have to go to Sri Ramakrishna. In the Indian tradition it is accepted from thousands of years. The truth is one and the sages speak of it variously.

It is written there. From the Rig Veda, the oldest text in Hinduism, Rig Veda, Ekam Sad Viprabhahudavadantya, truth is one, the sages speak of it variously.

Quelle
 
Re: Theravada Verblendung
der Kanon sagt auch, dass man sich nicht 100% auf diesen Weg beschränken muss und alles andere ausblenden sollte.
Wo sagt das der Kanon?
das auf den Culla Vyūha und Mahā Vyūha Suttas basiert...

Nicht auf einen Weg beschränken- mit der Behauptung "Nur dieses ist Wahrheit"- die eigene Lehre für vollendet, andere für geringer haltend- in der Meinung was man selber sieht und weiß wäre das einzig Wahre- indem man an Ansichten die man nicht verifizieren kann unbedingt festhält- indem man sich in Theorien ergeht- indem man andere als Gegner sieht und als Toren verachtet, sich selber voll Stolz als Maßstab nimmt, sich kundig und weise dünkend. Ja, so geht man seinen Weg nicht richtig, welcher es auch sei.

Z.B. der buddhistische Weg, etwa die erste edle Wahrheit: 'Alles Dasein ist mit Leid verbunden'. Das mag man annehmen und die christliche Lehre 'Dasein im Paradies ist ohne Leid' als falsch bezeichnen. Aber das weiß man ja gar nicht, vielleicht gibt es ein ewig leidloses Paradies. Solange man nicht vollständig erkannt hat ob die erste edle Wahrheit wirklich wahr ist, ist man die Stütze des Dogmas noch nicht ganz los geworden. Man klammert sich aber nicht daran, wenn sich das irgendwann als richtig oder falsch erweist, fällt die Stütze weg. So gibt es auch keinen Grund zu streiten: Dein Dogma mag richtig sein, meines falsch, solange es mir richtig erscheint muss ich ihm folgen, so wie du deinem Dogma folgst weil es dir richtig erscheint.

Rishis bezeichnen das Höchste als Brahman und erklären es als ewig, bewusst, glückselig und Ursprung von allem. Der Buddha bezeichnet das Höchste als Nibbana und erklärt es als das Ungeborene, Ungewordene, Ungeschaffene, Unzusammengesetzte.
Vielleicht drücken beide das Höchste auf verschiedene Weise aus, vielleicht ist eines davon nicht das Höchste, ich weiß es nicht, es ist jedenfalls nahe beieinander. Du sagst beides ist das Höchste aber weißt du das wirklich? Ich glaube dass es deine Ansicht ist und es ist ein Dogma diverser Schulen.
Für mich ist der achtfache Pfad übrigens keine Beschränkung sondern eine Erweiterung und ich möchte ihn irgendwann zu 100% erreichen. Andere Lehren haben mich da hingeführt, manches davon ist immer noch hilfreich.
 
Re: Theravada Verblendung
Es kann also in jedem Fall immer nur durch Loslösung zum Erwachen aus der Täuschung und dem Ende der Leiden kommen...
Wenn man das nun versteht, warum hört die Täuschung dann nicht augenblicklich auf?
Was muss nun der Geist machen um die Triebe zu vernichten? mir scheint der Geist ist ein dummer Schurke
Ich würde gerne noch einmal auf das Eingangsthema zurückkommen, weil es mich auch oft beschäftigt:
PD hat dazu eine Metapher benutzt, die mir sehr geholfen hat und immer noch hilft, wenn das eigene "Ge-Triebe" mal wieder außer Kontrolle geraten ist und ich wegen dem zu langsamen Vorankommen unzufrieden bin.
In den Anfangsjahren der technischen Revolution hatten Antriebsmaschinen riesige Schwungräder, die nicht selten mehrere Tonnen wogen. Ein solches Schwungrad kann man nur allmählich beschleunigen oder bremsen und genau so verhält es sich mit unserem Triebehaushalt. Einen guten Teil davon bringen wir schon beim Eintritt in diese Existenz mit und der übrige Teil ist das Ergebnis von Konditionierung seit der Geburt durch die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen und der daraus entstandenen geistigen Bewertungen. Einen Begriff von der Wucht der Masse dieses "Getriebes" bekommt man erst, wenn man versucht, es wie das Schwungrad abrupt abbremsen zu wollen. Es ist unmöglich und man würde sich lediglich die Hand abschürfen. Es ist auch nutzlos theoretisch verstanden zu haben, welche Kräfte und Handlungen die riesige Masse in Schwung gebracht haben. Auch der Wunsch es anzuhalten, indem man nun alle diese Handlungen unterläßt, hilft nicht, das Schwungrad dreht sich trotzdem weiter. Um es zum zum Stillstand zu bringen, muß man die gleiche Energiemenge zum Bremsen aufwenden, die zuvor zur Ingangsetzung aufgewendet wurde. Das kostet Zeit und Energie und vor allem müssen wir das theoretische Wissen in praktische Handlungen umzusetzen verstehen.
Denn das geistige Tendenzen-Triebe-Schwungrad haben wir durch unser Denken in Schwung gebracht. Jeder positive Gedanke, jede positive Bewertung eines Triebs, verstärkt ihn und jede negative schwächt ihn ab. Es nützt mir z.B. nichts zu wissen, daß Rauchen eigentlich schädlich ist, denn solange ich den augenblicklichen Genuß positiver bewerte, als die eventuellen negativen Folgen in der Zukunft, verstärke ich mit jedem Zug an der Zigarette den Trieb zum Rauchen, beschleunige mein Schwungrad damit ein kleines bißchen mehr - und umgekehrt. Und natürlich führt auch negatives Bewerten eines Triebs nicht zur sofort wahrnehmbaren Verlangsamung der Drehbewegung oder gar zum Stillstand, sondern nur geduldiges und beharrliches Vorgehen. Auch wenn man manchmal meint, es ginge gar nicht voran, mit der Zeit ist aber dann doch zu merken, daß die Trieb-Masse etwas von ihrem Schwung verloren hat. Das macht Hoffnung und ist mir Motivation zum Weitermachen, Schritt für Schritt auf dem Weg, den der Buddha uns aufgezeigt hat.
 
Re: Theravada Verblendung
Lieber @Hajo , es stimmt absolut. Je weniger, desto mehr. Immer gemächlich. So viel Mist und Müll von so vielen Leben. Und sofort abzulegen? Davon kann man träumen, denke ich. Ich bemühe mich immer alles bewusster und achtsam zu machen. Im Tun, Gedanken und Gefühlen. Die Übung macht den Meister. Hoffe ich. LG.
 
Re: Theravada Verblendung
Das hoffe ich auch, lieber Igor.
Praktisches Üben, sich möglichst ständig auf den Versen bleiben, führt zu Einsichten, die durch keine Theorie ersetzbar ist, womit nichts gegen Theorie gesagt sein soll.
 
Re: Theravada Verblendung
Kürzlich habe ich eine Geschichte über den Bāhiyer gehört, die angeblich in einem Kommentar zum Dhammapada steht, wahrscheinlich der Kommentar von Buddhagosha. Es geht um denjenigen Bāhiyer, der nach einer kurzen Lehrrede des Buddha sehr schnell die vollkommene Befreiung erreicht hat:

Gesehenes gelte dir nur als Gesehenes, Gehörtes nur als Gehörtes, sinnlich Erfahrenes nur als sinnlich Erfahrenes, Erkanntes nur als Erkanntes. So kannst du dich üben, Bāhiyer. Wenn dir Gesehenes nur als Gesehenes, Gehörtes nur als Gehörtes gelten wird sinnlich Erfahrenes nur als sinnlich Erfahrenes, Erkanntes nur als Erkanntes, dann, bist 'du' nicht 'dort' Bāhiyer, dann ist 'das' nicht 'deine' Sache, dann Bāhiyer, bist 'du' weder 'hier' noch 'jenseits' noch 'dazwischen': Das eben ist das Ende des Leidens.
Als der Bāhiyer Dāruciriyo vom Erhabenen diese kurze Lehrdarlegung erhalten hatte, wurde sein Herz ohne Anhangen von Beeinflussung frei.
Ud.1.10

Da wird also erzählt dass der Bāhiyer in seinem vorigen Leben mit Hilfe einer Leiter auf einen Felsen über einem tiefen Abgrund gestiegen ist. Danach hat er die Leiter umgeworfen, so dass es kein Zurück mehr gab und nur mehr meditiert bis zum Tod. Er hat es aber nicht ganz geschafft von allen Trieben feri zu werden und wurde eben als Bāhiyer wiedergeboren.

Solche Geschichten haben mich immer fasziniert. Im Himalaya soll es Yogis gegeben haben die sich in eine unzugängliche Höhle abseilen ließen, dann wurde das Seil hinaufgezogen und sie haben nichts anderes mehr getan als nach Befreiung zu streben. In Tibet ließen sich einige in Höhlen einmauern und im Christentum gab es ähnliches. Ein konsequentes Voranschreiten ohne sich noch einmal umzusehen, wie in der biblischen Geschichte über die Frau Lot, die zur Salzsäule erstarrte weil sie auf der Flucht aus dem sündigen Babylon noch einmal sehnsüchtig zurückgeschaut hat. Tja, da bin ich öfers erstarrt, bis ich einsehen musste dass ich zu einer solchen Konsequenz noch lange nicht in der Lage bin.

Es hört sich so einfach an, Gesehenes sei nur Gesehenes, Gehörtes nur Gehörtes, Gedachtes nur Gedachtes, Gefühltes nur Gefühltes usw., aber ich kann mich dem höchstens manchmal ein kleinwenig annähern.
Wie gut, dass der Buddha von Extremen abgeraten hat. Der mittlere Weg mag für sehr weit Fortgeschritte am Ende darin bestehen bis zur vollkommenen Befreiung sitzenzubleiben wie der Buddha unter dem Bodhibaum. Wenn man das aber künstlich versucht, überschätzt man sich und fällt auf die Nase. Ohne vollkommene Einsicht und Achtsamkeit scheitert die Willenskraft an den mächtigen Trieben. Der mittlere Weg ist zwischen den natürlichen und den spirituellen Bedürfnissen, ohne das Eine oder Andere zu übertreiben. Man steckt sich ein erreichbares Ziel und wenn es sich gefestigt hat, kann man wieder ein Stückchen weiter gehen. Eines dieser Ziele betrifft die Entwicklung von Geduld, die Fähigkeit zu warten bis das Gewünschte mit Hilfe rechter Anstrengung eingetreten ist.
 
Re: Theravada Verblendung
Kürzlich habe ich eine Geschichte über den Bāhiyer gehört, die angeblich in einem Kommentar zum Dhammapada steht, wahrscheinlich der Kommentar von Buddhagosha. Es geht um denjenigen Bāhiyer, der nach einer kurzen Lehrrede des Buddha sehr schnell die vollkommene Befreiung erreicht hat:
Dazu sehr gut bei Anlalayo:

Diese Belehrung richtet das reine Gewahrsein auf alles, was gesehen, gehört,
gefühlt oder erkannt wird. Wenn man das reine Gewahrsein auf diese Weise
aufrechterhält, so wird der Geist daran gehindert, die rohen Daten der
Sinneswahrnehmung zu bewerten und mit Vorstellungen anzureichern. Dies
entspricht dem Abschneiden der ersten Phasen in der Abfolge des Wahrnehmungsprozesses
durch achtsame Aufmerksamkeit. Hier registriert das
reine Gewahrsein einfach das, was an einem Sinnestor entsteht, ohne voreingenommene
Formen des Wahrnehmens und ohne unheilsame Gedanken
und Assoziationen hervorzurufen.52
Wenn man einfach so beobachtet, so wie "registriert", aber entsteht kein weiterer Prozess von Papañca - die vielfältige Entfaltung geistiges oder gedankliches oder begriffliches Aufschäumen, Auswuchern, Ausufern;, das wäre dann das Ziel erreicht. Im Dritten Buch über Satipatthana der Autor vertieft das Thema. Für mich das macht den Sinn, @mukti . + reine Wissenschaft der Wahrnehmung . Einfach sehen die Dinge, wie sie wirklich sind, aber nicht (durch) unsere übergestülpte Projektionen über sie und die Welt. Das wäre dann dukkha. Logisch. Und das ist auch die reine Karft sati, wie sie auch sehr treffend der Autor schildert und selbst praktiziert.
Seite 258, "Der direkte Weg".

Sati stellt einfach den Prozess der wachsamen Präsenz im Hier und Jetzt dar. ( so frei nach Analayo). Tolle Methode, die beste , was ich weiß!
 
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