• Wichtige Änderungen an der Datenschutzerklärung. Mit der fortgesetzten Nutzung des Forums bestätigst Du die neuen Datenschutzrichtlinien. Bisher waren eingeschränkt Einbettungen in Posts möglich, teilweise wenn man zuvor explizit in den Einstellungen zugestimmt hat. Mit jeder Änderung der Soziale-Medien-Landschaft wird es schwieriger, alles mit eigenen Codes up-to-date zu halten und zusätzliche Dienste zu aktivieren. Ich habe daher standardmäßig über s9e eine Reihe an Diensten aktiviert - s9e aktualisiert die Codes, wenn sich etwas an den Diensten ändert. Folgende Drittanbieter sind nun also aktiv: s9e.github.io (Github), Youtube, Vimeo, Bluesky, Mastodon, Threads und Facebook. Details in der Datenschutzerklärung. (Dieser Hinweis kann über das X oben rechts ausgeblendet werden)
traditionsübergreifend
Re: Dharma Das Beobachten
Nicht alle-eher sehr wenige- haben wirklich ver-inner-lich-t, dass die Uhr tickt Immer! Und wenn jemand Zugang zum Dhamma gefunden hat, dann bleibt nichts anderes übrig, als zu praktizieren.
....
Entscheidend ist doch, sich immer wieder bewusst zu machen, dass wirklich alles vergänglich ist. Es gibt nichts, das mir gehört – und auch kein „Ich“ als festes, dauerhaftes Ding.
Es wird ja oft betont, dass sich diese Verinnerlichung stufenweise vollzieht, z.B. in A.V.24: Sittlichkeit ist die Grundlage für rechte Sammlung, rechte Sammlung ist die Grundlage für den Erkenntnisblick, der Erkenntnisblick ist die Grundlage für Loslösung, Loslösung ist die Grundlage für Befreiung. Oder A.X.1: Sittlichkeit-Reuelosigkeit-Freude-Ruhe-Glücksgefühl-Sammlung-Erkenntnisblick-Loslösung-Befreiung.

Laien wird zuerst Sittlichkeit nahegelegt und auch Ordinierte üben sich zunächst im Einhalten der Sittenregeln. Ohne rechtes Handeln wird sich die Erkenntnis von anicca und anatta wohl nicht so richtig entwickeln.
Es greift aber auch alles ineinander, z.B. die Besinnung darauf, dass alles vergänglich und ohne Selbst ist, fördert die Achtsamkeit bei den Handlungen. Wenn ich auf die Vergänglichkeit achte, erwarte ich mir kein dauerhaftes Glück durch irgendeinen Besitz, dadurch nimmt das Begehren ab und das fördert wiederum die Sittlichkeit.

Das Beobachten ist bei mir vor allem verbunden mit der wirklichkeitsgemäßen Ansicht "Das bin ich nicht, das gehört mir nicht". Für die Wahrnehmung an sich muss man sich nicht extra bemühen, sie ist immer da, sobald man bei Bewusstsein ist. Weil sie aber von Unwissenheit vereinnahmt ist, entsteht die falsche Ansicht "Dies bin ich und das gehört mir".
Man kann sich üben alles, besonders Körper und Geist, ohne Ich und Mein zu betrachten, aber solange es Anhaftung gibt, wird damit die Wahrnehmung nicht vollständig gereinigt. Wenn sich dieses Beobachten ohne Ich und mein ununterbrochen aufrecht erhalten ließe, würden sich die drei Geistestrübungen auflösen bis zum Nibbana . Aber wer kann schon das übermächtige Begehren nach Sinnlichkeit und Dasein auf diese Weise überwinden. Trotzdem ist das Beobachten für mich ein Schlüssel zur Praxis, es hilft mir sehr, unnötige Leiden zu vermeiden, mich nicht völlig in der sinnlichen Welt zu verlieren und immer wieder zum Wesentlichen zurückzufinden, mehr als alle Bücher der Gelehrten.
Dateien anhängen
 
Re: Dharma Das Beobachten
Angesichts der Diskussionen über das andere Forum und vielen persönlichen Auseinandersetzungen zitiere ich noch einmal Bhikkhu Anālayo, der sich ausschließlich mit dem Thema Tod befasst, aber kein Leben danach thematisiert. Vielleicht sollte ich dennoch weiter recherchieren – wer weiß.

Die Achtsamkeit auf den Tod ist nicht nur eine Vorbereitung auf das Sterben, sondern auch ein Weg, vollständig lebendig zu sein. Indem wir uns der Unvermeidlichkeit unseres eigenen Todes und des Todes anderer bewusst werden, erkennen wir mit völliger Klarheit, dass dieser gegenwärtige Moment die einzige Zeit ist, in der wir wirklich leben können. Wenn wir dem Schatten unseres Todes entgegengehen, anstatt vor ihm davonzulaufen, werden wir nach und nach ganz. Und wenn wir dem Tod erlauben, ein untrennbarer Teil unseres Lebens zu sein, wird dieser Prozess tatsächlich zu einem Akt der Heilung. Der Tod ist untrennbar mit dem Leben verbunden – und wenn wir seine Existenz nicht anerkennen, können wir niemals ein erfülltes Leben führen.
S.158.

Genial! Gänsehaut pur!
Das was.
Hoffe, es passt hier, @mukti 🙏
 
Re: Dharma Das Beobachten
Maranasati, die Betrachtung des Todes und insbesondere der eigenen Sterblichkeit, ist ja auch ein Teil von Satipatthāna. Ununterbrochen sterben Menschen und Tiere und auch wir werden sterben, der Körper wird zerfallen und verwesen. Aber was kümmert uns das? Ist es nicht so, wie es Epikur formuliert hat: "Der Tod geht uns nichts an, denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da und wenn der Tod da ist, sind wir nicht mehr da."
Klingt logisch, stimmt aber nicht. Der Tod ist immer da, er steht hinter uns "wie ein Mörder mit gezücktem Schwert" (Visuddhi Magga). Während wir selber altern und dem Tod entgegengehen, nimmt er uns einen geliebten Menschen nach dem anderen. Er ist in uns, raubt uns Kindheit und Jugend, nimmt uns die Lebenskraft und zerstört unsere Organe, wir sterben stückchenweise. Ich finde man sollte sich der Wirklichkeit stellen und der Wahrheit ins Auge sehen.

Es gibt eine Geschichte von einem Meister, der mit seinem Schüler umherzieht. Da liegt ein toter Hund am Weg, halb verwest, voller Fliegen und Maden. Der Schüler wendet sich angewidert ab, aber der Meister sagt: "Schau doch, wie schön seine Zähne sind". Der Meister war wohl Epikureer, aber ich kann nicht glauben, dass man Dukkha entkommen kann, indem man immer nur auf die schöne und angenehme Seite achtet. Das ist doch eigentlich eine Flucht in die Sinnesfreude, um wenigstens vorübergehend dem Leid zu entkommen. Angenehmes sowie Unangenehmes offen zu betrachten wie es ist, ohne das Eine zu begehren und das Andere zu hassen, ist der bessere Weg. Durch die Loslösung entsteht allmählich eine Freude, die größer ist als Sinnesfreuden. Der Hang zum Widerstand gegen das Unangenehme, mithin das Wegschauen, wird durch die Übung des Betrachtens oder Beobachtens ohne zu ergreifen, allmählich ebenso überwunden, wie der Hang zum Sinnesgenuss beim Angenehmen. Am Ende ist die Freiheit, man schnappt nicht mehr nach dem Köder des Reizvollen und wird nicht mehr von Trauer, Gram, Verzweiflung und Schmerz überwältigt.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Der Hang zum Widerstand gegen das Unangenehme, mithin das Wegschauen, wird durch die Übung des Betrachtens oder Beobachtens ohne zu ergreifen, allmählich ebenso überwunden, wie der Hang zum Sinnesgenuss beim Angenehmen. Am Ende ist die Freiheit, man schnappt nicht mehr nach dem Köder des Reizvollen und wird nicht mehr von Trauer, Gram, Verzweiflung und Schmerz überwältigt.
Ach ja, das Reizvolle kann man eher mit einer glänzenden Oberfläche vergleichen – aber was steckt dahinter?
Der Sinngenuss wirkt wie ein Köder der biologischen Evolution: Er führt zur Ver-blend-ung, also blend
et uns – und am Ende sind wir blind für die Wahrheit. So kann man es sehen, denke ich.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Ach ja, das Reizvolle kann man eher mit einer glänzenden Oberfläche vergleichen – aber was steckt dahinter?
Der Sinngenuss wirkt wie ein Köder der biologischen Evolution: Er führt zur Ver-blend-ung, also blend
et uns – und am Ende sind wir blind für die Wahrheit. So kann man es sehen, denke ich.

Ja ich fürchte wir sind blind für die Wahrheit, aber wir haben ja hervorragende Augenärzte. Schon können wir hell und dunkel, heilsam und unheilsam unterscheiden und beißen nicht mehr in jeden Köder. Jedes mal wenn die Finsternis überhandnimmt, können wir etwas besser damit umgehen. Das ist Teil des Heilungsprozesses und wir bleiben dran.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Schon können wir hell und dunkel, heilsam und unheilsam unterscheiden und beißen nicht mehr in jeden Köder.
Na ja, @mukti, wie ich es verstanden habe, funktioniert unsere Art der Wahrnehmung irgendwie verkehrt. Wir klammern uns – oft unbewusst – an das, was vergänglich ist. Aber genau das ent-gleit-et uns, ent-weich-t uns. Wir wollen ewiges Glück wie "zementieren", doch es entpuppt sich am Ende immer als Leid.


Und es ist wirklich schwer – sogar rein intellektuell – zu verstehen, dass es absolut nichts gibt, was mir wirklich gehört. Keinen inneren Kern, keinen "Halt".


Und dazu kommt: Alles, was schön und verlockend aussieht, ist am Ende doch nur der blendende Schein.


Also eigentlich sind es gleich vier Merkmale.


Klingt nicht besonders rosig – aber besser so, als sich selbst zu verarschen, denke ich.

Das finde ich besonders erhellend:

»Flüchtiges für dauernd halten, für ein Glück, was leidvoll ist; Ichloses als Ich vermeinend und was widerlich als schön. -
In die Bande falscher Ansicht sind die Wesen so geschlagen; Sinnentäuschung auch befängt sie, und verworren ist ihr Denken. Māras Fesselwerk umfängt sie, fern sind sie der Fessellösung; und so wandern diese Wesen in der Daseinsrunde Kreislauf ständig durch Geburt und Sterben.
Doch wenn in der Welt erscheinen Buddhas, die das Licht uns bringen, dann verkünden sie die Lehre, die zur Leidensstillung führt.
Und die Weisen, sie vernehmend, werden nachdenklichen Herzens: Flüchtiges sehen sie als flüchtig, Leidiges als leidvoll an; sehen als Nicht-Ich, was kein Ich birgt, und was widerlich als solches. Derart rechte Ansicht hegend, werden sie dem Leid entgehen.«
A.IV.49 Die vier Verkehrtheiten - 9. Vipallāsa Sutta
 
Re: Dharma Das Beobachten
Und es ist wirklich schwer – sogar rein intellektuell – zu verstehen, dass es absolut nichts gibt, was mir wirklich gehört. Keinen inneren Kern, keinen "Halt".
Es ist schwer, aber durch stetige Übung ist es möglich. Die Lehre ist ja ein System, das Ordnung in das Denken bringt, indem sie Anhaltspunkte für den Geist bietet. Damit kann man arbeiten.

Man kann sich z.B. diese vier Verkehrtheiten ins Gedächtnis rufen und versuchen, sie zu verstehen: Ist wirklich alles vergänglich, leidvoll und ohne Ich, ist widerliches wirklich widerlich? Wenn man nichts Unvergängliches finden kann, kein dauerhaftes Glück und nichts das wirklich ein Ich ist und erkennt, dass man eigentlich etwas genießt, was im Grunde widerlich ist, gelangt man zur rechten Ansicht. Man versteht, dass man nicht danach handelt, weil man diese verkehrte Wahrnehmung hat. Man erinnert sich daran, dass Gier, Hass und Verblendung die Ursache der verkehrten Wahrnehmung ist und dass man sie durch den achtfachen Pfad beseitigen kann. Den kann man dann im Geist der Reihe nach durchgehen - was ist rechte Ansicht, rechte Gesinnung usw. Dann bemüht man sich die 5 Sila einzuhalten und übt sich in Geistesruhe durch Fixierung auf ein Objekt, da kann man mal das Denken beiseitelassen und ausspannen und es fördert die Konzentrationsfähigkeit, Zerstreuung und Verwirrung nehmen ab und ein ruhiger, nicht abgelenkter Geist kann die vier Verkehrtheiten klarer sehen und manchmal ein wenig Glück der Loslösung erfahren.

Ein regelmäßiges, individuell zusammengestelltes Programm ist nicht allzu schwer und erbringt über die Jahre immer bessere Resultate. Jedenfalls mit Geduld immer irgendwie dranbleiben am Dhamma, auch tagsüber so oft wie möglich, Befreiung geschieht halt nicht von heute auf morgen.
Das soll keine Belehrung sein, nur eine Auseinandersetzung, von der man ja gelegentlich etwas in ein Forum schreiben kann.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Das soll keine Belehrung sein, nur eine Auseinandersetzung, von der man ja gelegentlich etwas in ein Forum schreiben kann.
Na ja, es geht nur im Dialog, aber nicht um eine Auseinandersetzung.
Ich kann nur sagen, dass ich die Welt genau so wahrgenommen habe, schon als ich ein kleines Kind war – ohne den blassesten Schimmer vom Buddhismus .
Deshalb war mein Weg zunächst diese ganze existenzielle Philosophie und dann das, worauf sich die modernen Theravāda-Lehrer beziehen. Denn sie zitieren sie überall
Nur als Hinweis – mehr nicht.


Vielleicht steht das alles in einem Zusammenhang mit dem, was früher war? Aber ich kann mich daran nicht erinnern. Oder vielleicht spreche ich einfach nie darüber.


Offen für alles zu bleiben – das ist dann mein Motto geworden.🙏
 
Re: Dharma Das Beobachten
Na ja, es geht nur im Dialog, aber nicht um eine Auseinandersetzung.
"Auseinandersetzung" hat laut Duden drei Bedeutungen: 1.eingehende Beschäftigung mit etwas, 2.Dialog, 3.heftige Kontroverse. Ich habe hier die erste Bedeutung gemeint. Bei der Selbstbeobachtung taucht eben manchmal der überlegene Lehrer auf, sowie allerhand andere lichtscheue Kerle.
Ich kann nur sagen, dass ich die Welt genau so wahrgenommen habe, schon als ich ein kleines Kind war – ohne den blassesten Schimmer vom Buddhismus.
Sozusagen der geborene Buddhist, sehr gut.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Sozusagen der geborene Buddhist, sehr gut.
Lieber @mukti ,

über diese "lichtscheuen Kerle" weiß ich leider nichts.
Aber einmal, als mir an einem anderen Ort jemand sehr heftig auf die Pelle gerückt war, habe ich schlicht und klar gesagt, dass ich mich weder als Buddhist noch als Kommunist oder Faschist betrachte.
Ich möchte einfach nur als Mensch leben, was mir noch vom Schicksal geblieben ist – einer mit dem Herzen am rechten Fleck – und mit reinem Gewissen sterben.
Das reicht mir völlig aus und bestimmt nicht selbstverständlich.
 
Re: Dharma Das Beobachten
über diese "lichtscheuen Kerle" weiß ich leider nichts.
Es sind Personifizierungen im Dunkel des Nicht-Bewussten, das nicht gleich bleibende, stets sich verändernde Ich, das Entstehen und Vergehen von Identitäten. Wie du geschrieben hast: "Wir klammern uns – oft unbewusst – an das, was vergänglich ist."
"Das bin ich, das gehört mir" scheint selbstverständlich, aber das Beobachten enthüllt, dass es Verblendung ist. Das wird auch Einsicht , Hellblick oder Vipassana genannt, das Wahrnehmen der drei Daseinsmerkmale . Dieses Betrachten/Beobachten der Persönlichkeiten, bzw. der veränderlichen Persönlichkeit, enthüllt die Anatta-Wirklichkeit. Denn natürlich bin ich nicht, was ich zu sein glaube, es sind vergängliche, geistige Gestaltungen, mit Begehren und Hass verbundene Verblendung, die Ursache von Dukkha. Mit dem beobachtenden Hellblick erscheinen sie im Licht der befreienden Wahrheit.

Ich möchte einfach nur als Mensch leben, was mir noch vom Schicksal geblieben ist – einer mit dem Herzen am rechten Fleck – und mit reinem Gewissen sterben.
Das reicht mir völlig aus und bestimmt nicht selbstverständlich.
Es gibt ja zwei Aspekte des Heilsamen: Nicht schlecht sein sondern gut, das ist der weltliche Pfad. Oder das Ich durchschauen, Anatta erfahren und jenseits von Gut und Böse auf den überweltlichen Pfad gelangen.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Es sind Personifizierungen im Dunkel des Nicht-Bewussten, das nicht gleich bleibende, stets sich verändernde Ich, das Entstehen und Vergehen von Identitäten. Wie du geschrieben hast: "Wir klammern uns – oft unbewusst – an das, was vergänglich ist."
"Das bin ich, das gehört mir" scheint selbstverständlich, aber das Beobachten enthüllt, dass es Verblendung ist. Das wird auch Einsicht , Hellblick oder Vipassana genannt, das Wahrnehmen der drei Daseinsmerkmale . Dieses Betrachten/Beobachten der Persönlichkeiten, bzw. der veränderlichen Persönlichkeit, enthüllt die Anatta-Wirklichkeit. Denn natürlich bin ich nicht, was ich zu sein glaube, es sind vergängliche, geistige Gestaltungen, mit Begehren und Hass verbundene Verblendung, die Ursache von Dukkha. Mit dem beobachtenden Hellblick erscheinen sie im Licht der befreienden Wahrheit.
Lieber @mukti,

rein wissenschaftlich betrachtet – in Anlehnung an C.G. Jungs Konzept der Schattendynamik – entstehen dabei sogenannte Sub-Persönlichkeiten, die wir im normalen Bewusstseinszustand meist gar nicht wahrnehmen.

Gerade deshalb – und das ist natürlich nicht! nur meine persönliche Meinung – kann Meditation bei labilen Menschen diese "Symptomatik "sogar verstärken.

Darüber wurde bereits viel geschrieben – insbesondere darüber, was als mögliche Nebenwirkungen von Meditation gelten kann.

Es gibt ja zwei Aspekte des Heilsamen: Nicht schlecht sein sondern gut, das ist der weltliche Pfad. Oder das Ich durchschauen, Anatta erfahren und jenseits von Gut und Böse auf den überweltlichen Pfad gelangen.
Diese Sichtweise lässt sich mit der Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Ebene vergleichen:
Auf der relativen Ebene existiert Wiedergeburt innerhalb der linearen Zeit.
Auf der absoluten Ebene jedoch gibt es nur bedingt entstandene Phänomene – aber kein festes Selbst, kein „Ich“, das als eigenständige Person auffindbar wäre.
Es handelt sich also um zwei Wahrheiten, die sich nicht widersprechen, sondern einander ergänzen.


Ansonsten klingt es bestimmt verwirrend, denke ich.

Ich habe übrigens auch diese Quelle zitiert – von Alfred Weil. Er erklärt es sehr gut. LG.


P.S. Manchmal ist es sogar sinnvoll, mit diesen „Persönlichkeiten“ zu kommunizieren, denn letztlich sind sie alle vergänglich – so scheint es mir.


 
Re: Dharma Das Beobachten
Lieber @mukti,

rein wissenschaftlich betrachtet – in Anlehnung an C.G. Jungs Konzept der Schattendynamik – entstehen dabei sogenannte Sub-Persönlichkeiten, die wir im normalen Bewusstseinszustand meist gar nicht wahrnehmen.
Ich weiß nicht was Subpersönlichkeiten nach C.G. Jung sind, aber es gibt diese Grund-Identität "Ich bin der Körper". Auf dieser Grundlage entstehen allerhand Persönlichkeiten, wie "Ich bin Vater, Professor, ein intelligenter Mensch" usw. Die nehmen wir wahr, aber hinterfragen sie gewöhnlich nicht, wir glauben eben, dass wir das sind und handeln danach.
Genauere Betrachtung offenbart, dass wir das nicht sind. Z.B. während ich gerade auf deinen Beitrag antworte, ist eine bestimmte Haltung damit verbunden, etwa 'Ich bemühe mich soeben, den Dhamma zu verstehen' oder 'Ich erkläre diesen lieben Leuten, wo's langgeht'. Das Erste ist heilsam, das Zweite ist stolz und unheilsam. Wenn ich nicht aufpasse, glaube ich dass ich besser bin als andere, die meiner Belehrung bedürfen. Unheilsame Selbstbilder können sich im Licht rechter Betrachtung nicht halten, deshalb habe ich sie humoristisch "lichtscheue Kerle" genannt. Wenn sie weichen, bleiben noch die heilsamen Selbstbilder, etwa "Ich bin ein guter Mensch". Die soll man im Sinne des weltlichen rechten Pfades erhalten und im Sinne des überweltlichen rechten Pfades am Ende ebenfalls transzendieren. Zunächst sind sie aber notwendig, weil es eben noch die Identifikation mit dem Körper gibt, die Grund-Identität. Man kann dann dabei bleiben und ein relativ glückliches und zufriedenes Leben mit reinem Gewissen führen. Für die endgültige Befreiung ist das Gute, die Tugend und Sittlichkeit, nur eine notwendige Voraussetzung für das Erwachen, sozusagen das "Sprungbrett zur Transzendenz". Da führt dann die Betrachtung mit den drei Daseinsmerkmalen zur Anatta-Verwirklichung.

Gerade deshalb – und das ist natürlich nicht! nur meine persönliche Meinung – kann Meditation bei labilen Menschen diese "Symptomatik "sogar verstärken.
Mag sein, dafür kann ich nichts. Ich habe zwar geschrieben: "Ich finde man sollte sich der Wirklichkeit stellen und der Wahrheit ins Auge sehen", aber niemanden aufgefordert, sich dieser Meinung anzuschließen.

mukti schrieb:
Es gibt ja zwei Aspekte des Heilsamen: Nicht schlecht sein sondern gut, das ist der weltliche Pfad. Oder das Ich durchschauen, Anatta erfahren und jenseits von Gut und Böse auf den überweltlichen Pfad gelangen.
Diese Sichtweise lässt sich mit der Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Ebene vergleichen:
Auf der relativen Ebene existiert Wiedergeburt innerhalb der linearen Zeit.
Auf der absoluten Ebene jedoch gibt es nur bedingt entstandene Phänomene – aber kein festes Selbst, kein „Ich“, das als eigenständige Person auffindbar wäre.
Es handelt sich also um zwei Wahrheiten, die sich nicht widersprechen, sondern einander ergänzen.

Ansonsten klingt es bestimmt verwirrend, denke ich.
Ganz klar scheint es mir im Palikanon formuliert zu sein:
Richtiges Handeln, sage ich, ist von zweifacher Art: es gibt richtiges Handeln, das von den Trieben beeinträchtigt wird, das an Verdiensten teilhat, das auf der Seite der Vereinnahmung zur Reife gelangt; und es gibt Richtiges Handeln, das edel, triebfrei, überweltlich, ein Pfadfaktor ist. M.117
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Genau betrachtet ist der Körper nur eine Zusammensetzung verschiedener Elemente, nicht Ich und nicht Mein, eigentlich etwas gänzlich Fremdes. Aber da erschrickt man und es fällt schwer es so zu sehen. Der Ehrwürdige Ajahn Chah hat einmal bemerkt, dass Besucher vor dem Skelett erschrecken, das in der Meditationshalle aufgestellt ist, aber dass sie so ein Skelett ständig mit sich herumtragen, daran denken sie nicht.
Es gibt ja diesen Spruch "Das Wahre ist nicht schön und das Schöne ist nicht wahr". Es ist schon irgendwie ein Abenteuer, der Wahrheit ins Auge zu sehen, aber es lohnt sich es zu üben ohne sich zu überfordern. Wenn ich mir vorstelle wie es wäre, vollkommen befreit zu sein und zurückzublicken - 'Mit dieser leidvollen Gruselgestalt habe ich mich einmal identifiziert' - dann ist die Wahrheit am Ende doch schön.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Das ist eine verdammt gute Übung, um sich das eigene Skelett in allen Einzelheiten zu vergegenwärtigen.
So kann man besser zu Ent-sagung , Ab-wendung und Ent-reiz-ung gelangen – praktisch!
Aber nicht zu viel davon, wenn der Mensch noch jung ist und die Hormone spielen.
Die goldene Mitte ! Ha..
 
Re: Dharma Das Beobachten
Der Ehrwürdige Ajahn Chah hat einmal bemerkt, dass Besucher vor dem Skelett erschrecken, das in der Meditationshalle aufgestellt ist, ...
Ein echtes Skelett "wohnte" in unserem Unterrichtsraum. Es begleitete uns während unserer gesamten Ausbildungszeiṭ. - sehr geduldig und nachsichtig.
Aber nicht zu viel davon, wenn der Mensch noch jung ist und die Hormone spielen.
Es kommt stets auf die eigene Sicht der Dinge an ... Ich war noch ein sehr junger Mensch, als ich unseren Pathologen erstmals bei den Obduktionen assistierte, und fand es interessant und sehr lehrreich.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasangika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Dharma Das Beobachten
Es kommt stets auf die eigene Sicht der Dinge an ... Ich war noch ein sehr junger Mensch, als ich unseren Pathologen erstmals bei den Obduktionen assistierte, und fand es interessant und sehr lehrreich.
Ha, liebe @mkha' , wahrscheinlich wäre es im heißen Klima nötig, die Leiche ein paar Tage zu beobachten – ich glaube, ich hätte das bestimmt nicht überlebt. War doch nur ein Scherz, oder?😶
 
Re: Dharma Das Beobachten
... wäre es im heißen Klima nötig, die Leiche ein paar Tage zu beobachten ...
Leichen (in einem Land mit entsprechenden Temperaturen) auf dem Leichenfeld zu beobachten, gehörte einst zur Praxis. Man begab sich an diesen Ort und lernte: Sieh genau hin! Das ist alles, was von dem, was die meisten Menschen als "meins", "schön" und "begehrenswert" erachteten, übrig blieb ...

In unserem Land verhilft allenfalls der Rechtsmediziner zu der Einsicht, was von einem Körper übrig bleiben wird. Ich nehme an, so genau mögen das die meisten eigentlich gar nicht wissen, ... Vielleicht hat es aber auch mit der christlichen Sichtweise, Pietät usw. zu tun, denn ansonsten hätten wir bereits ein lehrreiches Gebiet für aufschlussreiche Forschung: https://www.srf.ch/wissen/mensch/forensik-body-farmen-wo-leichen-fuer-die-wissenschaft-verwesen
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasangika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Dharma Das Beobachten
Es geht ja vor allem darum, die Leiche auf sich selber zu beziehen: "Auch mit meinem Körper wird das geschehen". Weil es hilft die Anhaftung an den Körper loszuwerden, wenn man ihn als Ganzes betrachtet und seine Vergänglichkeit sieht.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Es geht ja vor allem darum, die Leiche auf sich selber zu beziehen: "Auch mit meinem Körper wird das geschehen".
Ja, genauso ist es, @mukti, ... Sorry, wenn ich das etwas unverständlich ausdrückte.

Als ich schrieb:
... (ich) lernte: Sieh genau hin! Das ist alles, was von dem, was die meisten Menschen als "meins", "schön" und "begehrenswert" erachteten, übrig blieb ...

... dachte ich, es sei klar, dass sich das auch auf jeden einzelnen Menschen (so auch jeden Betrachter) bezieht. Ich habe stets Schwierigkeiten, das, was ich lernte, das, was ich im Kopf habe, allgemeinverständlich zu Papier zu bringeṇ.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasangika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Dharma Das Beobachten
Es geht ja vor allem darum, die Leiche auf sich selber zu beziehen: "Auch mit meinem Körper wird das geschehen". Weil es hilft die Anhaftung an den Körper loszuwerden, wenn man ihn als Ganzes betrachtet und seine Vergänglichkeit sieht.
Ich kontempliere hier weiter: "Mein Körper gehört der Natur, aber eigentlich nicht mir". So etwas.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Ich kontempliere hier weiter: "Mein Körper gehört der Natur, aber eigentlich nicht mir". So etwas.
Ja, die Naturgesetze sind die eigentliche Autorität... mir fällt nichts besseres ein, die Hitze hat das Denken gelähmt.
Zwischen unserem Körper und der Natur besteht es kein Besitzverhältnis. Unsere Körper sind wie viele andere Phänomene Teile der Natur. Hier besteht das abhängige Entstehen des Ganzen von seinen Teilen. Das eine kann nicht ohne das andere existieren.

Die Naturgesetze sind auch keine Autorität. Sie sind die Formulierung abhängiger Prozesse durch den Menschen, der diese Abhängigkeiten erkannt hat. Wir können uns allerdings über das abhängige Entstehen aus Unwissenheit oder Dummheit hinwegsetzen, es ignorieren; aber die Folgen werden uns unweigerlich auf die Füße fallen.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Ich kontempliere hier weiter: "Mein Körper gehört der Natur, aber eigentlich nicht mir". So etwas.

Ich wollte mich auch korrigieren: Meinen Körper gibt es so wie "eigentlich"( als "Eigen-Wesen") nicht – wie alle abhängig entstandenen Phänomene.

So wie die einzelnen Glieder einer Kette, die nicht für sich allein auffindbar sind.

Es gibt nur die Verkettung der einzelnen Elemente.

Oder wie beim Billard: Wenn ich eine Kugel anstoße, geben viele andere Kugeln diese kinetische Energie weiter.

Aber die Kugel als eigenständiges Ding kann ich mit der Illusion eines „Ich“ vergleichen. So ähnlich hat es auch Edward Conze beschrieben. Das hat mich wirklich beeindruckt.
 
Zurück
Oben Unten