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traditionsübergreifend
Re: Dharma Das Beobachten
Dass es so viele Zugänge zur Lehre des Buddha gibt, bedeutet ja, dass Buddha stets in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand und der Auffassungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gelehrt hat. Wir haben jetzt die Möglichkeit, uns auf diejenigen Lehrreden zu stützen, die unserem eigenen Entwicklungsstand entsprechen. Und unser Entwicklungsstand hat eben auch etwas mit dem bestehenden Ausmaß unserer Verblendungen zu tun. Dementsprechend steigen wir quasi an verschiedenen Stellen in die Lehre, den Pfad zur Befreiung ein. Wir müssen uns deshalb auch nicht mit allen Lehrreden des Buddha beschäftigen, sondern es reicht, die Lehrreden zu nutzen mit denen wir uns entsprechend unserem Entwicklungsstand auf dem Pfad weiterentwickeln können, um schließlich die wahren Beendigungen zu verwirklichen, also ein Arahant zu werden.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Es gibt so viele Zugänge, innerhalb des Rahmens der Lehre ist ein großer individueller Spielraum. Außerdem die anderen spirituellen und materialistischen Wege, man könnte sagen es gibt so viele Wege, wie es Menschen gibt. So gibt es auch keine zwei Menschen die im Thema "Beobachten" das Gleiche sehen.
Wir leben alle in derselben Welt, aber weil wir nicht sehen wie sie wirklich ist, lebt jeder auch in seiner eigenen Welt. Der Buddha hat die Welt mit ungetrübter Wahrnehmung gesehen, wie sie ist. Er würde heute dasselbe lehren und in Indien Geburt nehmen, da ist noch genug übrig von der alten Kultur.
Vielen Dank, @mukti.

Zurzeit fällt es mir sehr schwer zu praktizieren.

Die Russen haben das Krankenhaus in meiner Stadt zerstört – dort, wo mein Kind geboren wurde.
Die schwangere Frau ist gestorben, viele Menschen sind kaum mit dem Leben davongekommen.
Heute ist dort ein offizieller Trauertag .

Ich wollte das eigentlich nicht vertiefen.


Aber ich frage mich:
Wie würde sich eigentlich der historische Buddha in so einer absolut kaum auszuhaltenden existenziellen Situation verhalten?


Wenn es um die normalen Themen wie Alter, Krankheit und Tod geht, ist das alles irgendwie in Ordnung – also im Sinne :
Der Praktizierende soll die drei Daseinsmerkmale verinnerlichen.
Anders gesagt: Nichts gehört wirklich „mir“.


Aber wie geht man mit Krieg um, wenn er einen persönlich betrifft, wenn er unter die Haut geht?


Hellmuth Hecker schreibt in seinem Buch über das Leben des Buddha, dass er – immer wenn es möglich war – versuchte, Kriege zu verhindern.
Und doch gibt es auch in vielen anderen Biografien Stellen, wo das nicht mehr möglich war.


Ich weiß nicht weiter.
Es macht mich kaputt.


Wie siehst du das?
Wie kann man sich hier aus buddhistischer Sicht verhalten?
Leider weiß ich es nicht.

Ich zitiere meinen lieben Nyanatiloka:
"

5. Vers
Na hi verena verani
sammant'idha kudacanam,
averena ca sammanti:
esa dhammo sanantano.

Durch Haß fürwahr kann nimmermehr
Zur Ruhe bringen man den Haß;
Durch Nichthaß kommt der Haß zur Ruh':
Das ist ein ewiges Gesetz.
Gleichwie man nämlich eine durch Speichel, Rotz und andere
Unreinheiten beschmierte Stelle nicht durch Abwischen mit
eben solchen Unreinheiten rein und geruchlos machen kann,
sondern diese Stelle noch viel unreiner und übelriechender
wird, genau so kann man nicht dadurch, daß man den
Beschimpfenden wieder beschimpft oder den Schlagenden wieder
schlägt, durch Haß den Haß zur Ruhe bringen, sondern
man macht den Haß nur immer stärker. Somit kommen die
Gehässigkeiten (verani) niemals durch Haß zur Ruhe.
Wie aber jene Unreinheiten wie Speichel usw., mit klarem Wasser
abgewaschen, verschwinden und jene Stelle rein und
ruchlos wird, genau so kommen durch Nichthaß, durch das
Wasser der Duldsamkeit und Güte, durch weise Erwägung und
Betrachtung, die Gehässigkeiten zur Ruhe, zur Stillung und
zum Verschwinden.
Daß aber nur durch Nichthaß der Haß zur Ruhe kommt, dieses
altehrwürdige Gesetz ist der Weg, den alle Erleuchteten, Einzelerleuchteten
und Triebversiegten gewandelt sind.
Über die drei letzteren Begriffes. B.Wtb. : bodhi ."

Dhammapada .

P.S. Die Moderation kann es in das Thema „Buddhismus und Krieg“ verschieben, so etwas, dann kann ich es später nachlesen. Nicht wichtig.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Lieber @Igor07 , es tut mir sehr leid was in den Kriegen geschieht und dass du persönlich betroffen bist. Ich habe so etwas nie selber erlebt und will nicht leichtfertig Ratschläge auf theoretischer Grundlage erteilen.
Körperliches und geistiges Leid kenne ich allerdings schon, bei mir selber und bei nahestehenden Menschen. Da gibt es Situationen, wo man scheinbar nichts dagegen tun kann, aber die Weisheit und Praxis der Lehre zeigt immer noch einen Ausweg auf.

Aber ich frage mich:
Wie würde sich eigentlich der historische Buddha in so einer absolut kaum auszuhaltenden existenziellen Situation verhalten?

Wenn es um die normalen Themen wie Alter, Krankheit und Tod geht, ist das alles irgendwie in Ordnung – also im Sinne :
Der Praktizierende soll die drei Daseinsmerkmale verinnerlichen.
Anders gesagt: Nichts gehört wirklich „mir“.

Aber wie geht man mit Krieg um, wenn er einen persönlich betrifft, wenn er unter die Haut geht?
Dem historischen Buddha waren die drei Daseinsmerkmale vollkommen bewusst, sein Gleichmut war unerschütterlich. Was wir kaum aushalten, war für ihn keine existenzielle Bedrohung.
Warum also nicht auf die Daseinsmerkmale besinnen? Wir wissen es: Die Welt ist untrennbar mit Dukkha verbunden. Wir haben vielleicht gehofft dass wir nur wenig Dukkha haben werden, aber wir haben auch gewusst, dass es jederzeit mit voller Härte zuschlagen kann. Wir wissen, dass alles was wir lieben vergehen wird und wir wissen, dass uns eigentlich nie etwas gehört hat, nicht einmal der eigene Körper. Wir sind vorbereitet und können im Ernstfall auf dieses Wissen zurückgreifen.

In großer Bedrängnis kenne ich keinen besseren Ausweg, als eben das sogenannte Beobachten - das Wahrgenommene kann ich nicht wirklich sein, nicht das was da draußen geschieht und nicht das was innen im Geist geschieht. Schmerz, Angst, Wut, Verzweiflung, kurz jedwedes Dukkha, muss ich nicht ergreifen. Das ist die frohe Botschaft der Buddhalehre, wenn du mich fragst. Das bloße Wahrnehmen ohne Identikation und Ergreifen ist bei weitem nicht so perfekt wie beim Buddha, aber es beruhigt den Geist und eröffnet einen realistischen Ausblick auf die Befreiung. Man ist nicht mehr so hilflos ausgeliefert, ahnt etwas von Anatta und dem unantastbaren "Jetzt".

Wie auch immer, ich wünsche dir heilsame Einsicht und inneren Frieden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Dem historischen Buddha waren die drei Daseinsmerkmale vollkommen bewusst, sein Gleichmut war unerschütterlich. Was wir kaum aushalten, war für ihn keine existenzielle Bedrohung.
@mukti .

Weiß ich nicht, entschuldige. Schau es dir mal an, es ist der Pali -Kanon:

Zum dritten Mal sprach der Erhabene den ehrwürdigen Ānanda an: "Gut wäre es, Ānanda, wenn du mir etwas Wasser holst, durstig bin ich, Ānanda, ich möchte trinken." https://www.palikanon.com/digha1/dn16_4-6.html
Durstig nach der Vergiftung – er hat es gespürt.
Anders ausgedrückt: Es hat ihm wehgetan.


Ich habe in einer Autobiografie gelesen, dass er enorme Schmerzen hatte. Alle seinen inneren Eingeweiden waren entzündet, er hatte blutigen Durchfall – und nur durch sehr starke Jñāna war er in der Lage, diesen unerträglichen Schmerz zumindest vorübergehend in Schach zu halten.
Er war ein Individuum – aber keine „Person“ im gewöhnlichen Sinne. Nur am Rande bemerkt, um weiteres OT vom Thema zu vermeiden.


An einer Stelle, die ich leider gerade nicht finde, spricht er über seinen Körper wie über einen alten Karren, der ihm immer mehr Schmerzen bereitet. Es ist auch bekannt, dass er sehr unter Rückenschmerzen litt.
Und auch er war nicht fehlerfrei: Als sich sehr viele Mönche Suizid begangen hatten, ( Leichen-Btrachtung) , hat er erst im Nachhinein seine Methode angepasst.


Ich sehe den Buddha ganz klar als einen lebendigen, fühlenden Menschen.

Ok, waren nur meine Gedanken. Danke. LG.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Durstig nach der Vergiftung – er hat es gespürt.
Anders ausgedrückt: Es hat ihm wehgetan.

Ich habe in einer Autobiografie gelesen, dass er enorme Schmerzen hatte. Alle seinen inneren Eingeweiden waren entzündet, er hatte blutigen Durchfall – und nur durch sehr starke Jñāna war er in der Lage, diesen unerträglichen Schmerz zumindest vorübergehend in Schach zu halten.
Er war ein Individuum – aber keine „Person“ im gewöhnlichen Sinne. Nur am Rande bemerkt, um weiteres OT vom Thema zu vermeiden.

An einer Stelle, die ich leider gerade nicht finde, spricht er über seinen Körper wie über einen alten Karren, der ihm immer mehr Schmerzen bereitet. Es ist auch bekannt, dass er sehr unter Rückenschmerzen litt.
Und auch er war nicht fehlerfrei: Als sich sehr viele Mönche Suizid begangen hatten, ( Leichen-Btrachtung) , hat er erst im Nachhinein seine Methode angepasst.

Ich sehe den Buddha ganz klar als einen lebendigen, fühlenden Menschen.

Er hat nicht wirklich unter den Schmerzen gelitten. Wenn schon der edle Jünger "das Entrinnen aus den Gefühlen der Wirklichkeit gemäß" kennt, dann erst recht der Buddha. "Er fühlt als Entfesselter, entfesselt ist er von Geburt, Alter und Tod, von Trauer, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung, entfesselt vom Leiden." (S.36.6)
Oder sollte seine Lehre, die bereits in den Anfangsstadien der Praxis Erleichterung erfahren lässt, nur philosophische Theorie sein? Nie und nimmer denke ich, mit begründetem Vertrauen. Der Buddha war kein Puthujjana, kein gewöhnlicher, weltlicher Mensch.

Über diesen Massensuizid hat Bikkhu Anālayo eine Abhandlung unter Heranziehung sämtlicher Quellen der Überlieferung geschrieben. Seine Schlussfolgerung ist, dass es sich nicht um eine historische Erzählung handelt. (PDF S.32)
The Mass Suicide of Monks in Discourse and Vinaya Literature

Natürlich kann man nicht alles wortwörtlich glauben, was im Palikanon steht, nach über 2500 Jahren der Überlieferung. Die Essenz ist aber offensichtlich erhalten und die Geschichte über den Massenselbstmord zeigt auf, wie die Asubha Praxis (u.a. Leichenbetrachtung) schief laufen kann, wenn man sie nicht richtig macht.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Über diesen Massensuizid hat Bikkhu Anālayo eine Abhandlung unter Heranziehung sämtlicher Quellen der Überlieferung geschrieben. Seine Schlussfolgerung ist, dass es sich nicht um eine historische Erzählung handelt. (PDF S.32)
The Mass Suicide of Monks in Discourse and Vinaya Literature
Wow, danke dir sehr – das würde ich unbedingt gerne lesen.

Der Autor erwähnt es allerdings irgendwo im "Der direkte Weg", aber wollte ich nicht ständig unbedingt etwas zitieren.

Auch spätere chinesische Quellen schreiben darüber (die Datei ist auf meinem alten Laptop, aber ich kann sie finden).

Außerdem, @mukti, im von mir erwähnten Buch „Fußspuren im Staub“ (das war hier auch mal verlinkt), ist der Autor überzeugt, dass es wirklich passiert ist.


Aber wir können das Thema auch wirklich fallen lassen – wer hier nun recht hat. Ich kann alles natürlich heraussuchen und zitieren, wenn nötig.


Es bringt uns aber nicht weiter.


Besser, wir bleiben beim eigentlichen Thema. LG.

P.S.

Apropos, über den letzten Tag des Buddhas gibt es eine verdammt gute Erzählung – ich verlinke die mal:

Der letzte Tod des Gautama Buddha
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Auch spätere chinesische Quellen schreiben darüber (die Datei ist auf meinem alten Laptop, aber ich kann sie finden).
Diese Quellen sind in der Abhandlung auch angegeben.
Außerdem, @mukti, im von mir erwähnten Buch „Fußspuren im Staub“ (das war hier auch mal verlinkt), ist der Autor überzeugt, dass es wirklich passiert ist.
Das ist merkwürdig, vielleicht hat er seine Meinung später geändert.
Aber wir können das Thema auch wirklich fallen lassen – wer hier nun recht hat. Ich kann alles natürlich heraussuchen und zitieren, wenn nötig.
Mir genügt einstweilen der Hinweis, dass man bei der Asubha-Praxis darauf achten muss, keinen Hass auf den Körper zu entwickeln. Die Loslösung geschieht nicht durch Ablehnung, sondern durch das Erkennen, wie er wirklich ist. Wenn man sich den Körper in seiner Gesamtheit vergegenwärtigt, haftet man nicht mehr so an seiner äußeren Erscheinung und der Hautoberfläche.
Besser, wir bleiben beim eigentlichen Thema.
Gerne.
Apropos, über den letzten Tag des Buddhas gibt es eine verdammt gute Erzählung – ich verlinke die mal:
Der letzte Tod des Gautama Buddha
Hm, 1912 von dem Kulturkritiker und Philosophen Fritz Mautner veröffentlicht, interessant was es da schon alles an Auseinandersetzungen mit dem Buddhismus gab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Das ist merkwürdig, vielleicht hat er seine Meinung später geändert.
Weiß ich nicht, aber er behandelt das sogar in den zwei Büchern. Kann sein, dass ich es auch im dritten finde – dann kann ich es posten.

Wenn man sich den Körper in seiner Gesamtheit vergegenwärtigt, haftet man nicht mehr so an seiner äußeren Erscheinung und der Hautoberfläche.
Doch! Es steht im dritten Buch.
Wie ich es früher gelesen habe: Man sollte sich auf die drei Schichten konzentrieren – also Knochen, Fleisch, Haut – vereinfacht ausgedrückt. Es gab sogar eine deutsche Version auf YouTube, sehr praktisch. Man kann sie sogar als MP3-Datei herunterladen.


Apropos, also zur Sache:
Dieses Thema, im Hier und Jetzt präsent zu sein, finde ich an so vielen Stellen.
Immer im ganzen Körper, in jedem Augenblick ganz gewahr sein und präsent zu sein – die Haut gehört da bestimmt dazu.


Das Ende der Anhaftung lässt sich nicht erzwingen – es kann nur geschehen. Auch darin sehe ich wieder eine Parallele zum Zen .

Hm, 1912 von dem Kulturkritiker und Philosophen Fritz Mautner veröffentlicht, interessant was es da schon alles an Auseinandersetzungen mit dem Buddhismus gab.
Na ja, ich wollte dich wirklich nicht wieder verärgern.
Aber er schildert dort den Buddha, der enorm unter den Schmerzen leidet – buchstäblich. Und am Ende ist er geisterverwirrt, während Ānanda versucht, alles zu vertuschen.
Der Autor erklärt dann in den Fußnoten, auf welche Quellen er sich dabei stützt.

Das musst du dir selbst durchlesen.

Am Ende ist es doch immer eine Frage der Interpretation – wie Michael Zimmermann es immer betont.
 
Re: Dharma Das Beobachten
mukti schrieb:
Wenn man sich den Körper in seiner Gesamtheit vergegenwärtigt, haftet man nicht mehr so an seiner äußeren Erscheinung und der Hautoberfläche.
Doch! Es steht im dritten Buch.
Wie ich es früher gelesen habe: Man sollte sich auf die drei Schichten konzentrieren – also Knochen, Fleisch, Haut – vereinfacht ausgedrückt. Es gab sogar eine deutsche Version auf YouTube, sehr praktisch. Man kann sie sogar als MP3-Datei herunterladen.

Apropos, also zur Sache:
Dieses Thema, im Hier und Jetzt präsent zu sein, finde ich an so vielen Stellen.
Immer im ganzen Körper, in jedem Augenblick ganz gewahr sein und präsent zu sein – die Haut gehört da bestimmt dazu.

Das Ende der Anhaftung lässt sich nicht erzwingen – es kann nur geschehen. Auch darin sehe ich wieder eine Parallele zum Zen.

Ich sehe da keinen Widerspruch, mit dem Gewahrsein des ganzen Körpers, also nicht nur der Hautoberfläche, kommt es allmählich zum Ende der Anhaftung.

mukti schrieb:
Hm, 1912 von dem Kulturkritiker und Philosophen Fritz Mautner veröffentlicht, interessant was es da schon alles an Auseinandersetzungen mit dem Buddhismus gab.
Na ja, ich wollte dich wirklich nicht wieder verärgern.

Versuche es nur, dann habe ich wieder Gelegenheit den Ärger zu beobachten, anstatt ärgerlich zu werden.;)

Aber er schildert dort den Buddha, der enorm unter den Schmerzen leidet – buchstäblich. Und am Ende ist er geisterverwirrt, während Ānanda versucht, alles zu vertuschen.
Der Autor erklärt dann in den Fußnoten, auf welche Quellen er sich dabei stützt.

Das musst du dir selbst durchlesen.

Am Ende ist es doch immer eine Frage der Interpretation – wie Michael Zimmermann es immer betont.

Ich wollte mich zuerst nicht dazu äußern, aber einige Sätze, die ich beim Reinlesen in den Mautner-Text aufgeschnappt habe, fand ich so ungenießbar, dass ich das Werk nicht lesen werde. Man muss sich nicht alle Interpretationen antun.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Das Ende der Anhaftung lässt sich nicht erzwingen – es kann nur geschehen. Auch darin sehe ich wieder eine Parallele zum Zen.
Natürlich kann man das Ende der eigenen Anhaftungen nicht erzwingen. Aber von selbst hören sie auch nicht einfach so auf. Wir haften an, solange unserer Geist von den drei Geistesgiften bestimmt ist. Diese drei Geistesgifte hören aber auch nicht einfach so von selbst auf, sondern sie werden durch unsere Praxis beendet. Diese Praxis besteht aber in unserer eigenen Bemühung und Anstrengung. Ohne unsere eigenen Bemühungen und Anstrengungen geht keine einzige unserer Anhaftungen zu Ende.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Diese Praxis besteht aber in unserer eigenen Bemühung und Anstrengung. Ohne unsere eigenen Bemühungen und Anstrengungen geht keine einzige unserer Anhaftungen zu Ende.
Nach Ānâlayo hat sati nichts mit Anstrengung oder Bemühung im üblichen Sinne zu tun – vielmehr geht es um das Kultivieren einer klaren Präsenz im Hier und Jetzt. Genau das auch, während ich diese Zeilen schreibe. Immer! ( So "sollte" es sein-), aber ohne"Soll"


Es erinnert mich – nebenbei bemerkt – an Shunryu Suzuki, „Leidender Buddha, Glücklicher Buddha“. Auch der Autor praktizierte Zen; in einem Interview spricht er darüber. Deshalb, @Helmut, ist das etwas anderes als das oben Genannte.


Interessant finde ich auch, dass Ānâlayo sich in manchen Aspekten selbst revidiert und in späteren Texten andere Akzente setzt als in seinen ersten beiden Büchern über die Satipaṭṭhāna. LG.

P.S. Das ganze Buch gibt es als PDF auf Englisch – ich verlinke es mal:

 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Diese Praxis besteht aber in unserer eigenen Bemühung und Anstrengung. Ohne unsere eigenen Bemühungen und Anstrengungen geht keine einzige unserer Anhaftungen zu Ende.
Nochmal, ich entschuldige mich.

Wie ich es verstanden habe, bin ich wieder gezwungen, etwas zu beweisen – aber das ist kein Problem mehr. Ich zitiere einfach und markiere das, was ich für wichtig halte.

Obwohl Achtsamkeit der Entwicklung bedarf, da sie eine Qualität ist, die etabliert werden muss, ist diese Entwicklung nicht Gegenstand aktiver Anstrengung. Dabei kann man berücksichtigen, dass das Wort sati im Pali eine weibliche grammatische Form hat. Ich schlage daher vor, die Achtsamkeit (sati) als eine weibliche Qualität zu betrachten. So kann man sati als eine empfängliche Kraft verstehen, die neue Perspektiven in sich aufnimmt und hervorbringen kann.

Schon direkt beim Erwachen am Morgen kann unsere gute Freundin sati da sein – als würde sie auf uns warten. Sie ist bereit, uns den ganzen restlichen Tag zu begleiten, uns dazu anregend, empfänglich und offen zu bleiben, sanft und verstehend. Sie ist niemals verärgert, wenn wir sie vergessen. Und sobald wir uns wieder an sie erinnern, ist sie sofort wieder bei uns.

Die Vorstellung dieser Praxis als Rückkehr zur Gegenwart einer guten Freundin hilft, das Missverständnis zu vermeiden, sati für eine Art übertriebene Aufmerksamkeit zu halten, die mit angestrengtem Bemühen aufrechterhalten werden muss. Stattdessen geht das Verweilen in ihrer Gegenwart mit dem Duft offener Empfänglichkeit und sanfter Wachsamkeit für das einher, was geschieht.
Siehe: Seite 24 der deutschen Ausgabe.

P.S.

Die Quelle hatte ich bereits verlinkt. Heutzutage ist eine Übersetzung kein Problem mehr – das galt auch für mich, noch bevor das Buch nun erschienen ist.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Nach Ānâlayo hat sati nichts mit Anstrengung oder Bemühung im üblichen Sinne zu tun – vielmehr geht es um das Kultivieren einer klaren Präsenz im Hier und Jetzt. Genau das auch, während ich diese Zeilen schreibe. Immer! ( So "sollte" es sein-), aber ohne"Soll"
Was ist diese klare Präsenz im Hier und Jetzt, kannst du sie beschreiben?
 
Re: Dharma Das Beobachten
Die Vorstellung dieser Praxis als Rückkehr zur Gegenwart einer guten Freundin hilft, das Missverständnis zu vermeiden, sati für eine Art übertriebene Aufmerksamkeit zu halten, die mit angestrengtem Bemühen aufrechterhalten werden muss. Stattdessen geht das Verweilen in ihrer Gegenwart mit dem Duft offener Empfänglichkeit und sanfter Wachsamkeit für das einher, was geschieht.
Ich habe in Beitrag#185 von eigenem Bemühen und Anstrengung, die erforderlich sind, um die eigenen Anhaftungen zu überwinden, und nicht von angestrengtem Bemühen. Um die Anhaftungen zu überwinden, muss man praktizieren, sich schulen, den Geist umwandeln. Das ist nicht immer ganz einfach und erfordert ein gewisses Maß an Disziplin und Bemühung über einen langen Zeitraum. Dass man sich bei dieser Praxis nicht überfordert, ist sogar sehr wichtig. Stete Überforderung bringt uns von der Dharma -Praxis wieder ab.

Obwohl Achtsamkeit der Entwicklung bedarf, da sie eine Qualität ist, die etabliert werden muss, ist diese Entwicklung nicht Gegenstand aktiver Anstrengung.
Diese Auffassung würde ich so nicht teilen. Wenn die eigene Achtsamkeit der Entwicklung bedarf, dann wird diese Entwicklung nur stattfinden, wenn wir selbst etwas tun. Wir führen ja die Satipatthana-Praxis durch, weil unsere Achtsamkeit und die mit ihr verbundene Wachsamkeit noch sehr schwach ist. Unsere Achtsamkeit werden wir nur dann verbessern und vertiefen, wenn wir immer wieder Satipatthana-Praxis durchführen. Diese Praxis ist ein aktiver Prozess, den wir selber durchführen ohne uns zu überfordern. Manchmal kann aber auch diese Praxis anstrengend sein wie auch die Praxis mit der wir unsere Anhaftungen reduzieren und schließlich überwinden. Dharma-Praxis ist nicht immer nur Zuckerschlecken.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Bei der aktuellen Diskussion über Anstrengung muss ich an A.VI.55 Soṇa Sutta - Das Gleichnis von der Laute denken.

Der Buddha vergleicht hier die ideale Spannung der Saiten einer Sitar mit der idealen Anspannung der Willenskraft in der Praxis: "Weder zu straff, noch zu schlaff!"

»Ebenso auch, Sona, führt allzu straffe Anspannung der Willenskraft zur Aufregung, allzu schlaffe Anspannung aber zur Trägheit. Darum, Sona, halte dich an ein Ebenmaß deiner Willenskraft, erwirb dir ein Ebenmaß deiner Fähigkeiten (*3) und so strebe dann nach dem Ziel (*4)!«

Ich erkenne in dieser Empfehlung auch den mittleren Weg wieder.
 
| Mein Blickwinkel: Gem. meiner Lehrtradition versuche ich aus dem Blickwinkel kulturell und spirituell in Thailand geprägter Menschen zu schreiben und im Rahmen meiner Möglichkeiten ein Kompatibilisieren der Lehre mit im Westen populären Denkmustern und Gewohnheiten zu vermeiden
Re: Dharma Das Beobachten
Was ist diese klare Präsenz im Hier und Jetzt, kannst du sie beschreiben?
Kann ich. Wenn ich hier überhaupt schreibe, dann nur aus einem Zustand heraus, in dem ich präsent bin – verankert im eigenen Körper, im Spüren der Gefühle, der Spannungen, des Atems. Im Sinne: alles entsteht und vergeht – und nur dann schreibe ich.
Sati ist für mich wie eine Freundin. Keine Mühe, keine Anstrengung.
Die Praxis sollte inneren Frieden, Ruhe und Gelassenheit bringen – es geht nicht darum, wer recht hat. Das ist, was ich hier beobachte. Meine eigene Sicht.


Was den Buddha betrifft – du, @mukti, hattest hier im Forum verlinkt, wie Ānanda ihm von allem berichtete, und der Buddha daraufhin seine Methode anpasste – wegen des Massensuizids.
Wie hätte wohl heute eine moderne Regierung reagiert? Das möchte ich gar nicht vertiefen.


Es ist nicht das erste Mal, dass hier keine echte Diskussion stattfindet, sondern eher ein Kampf darum, wer recht behält.
Für mich – wie auch für Anālayo – ist der Buddhismus eine lebendige Lehre, nicht etwas, das ein für alle Mal in Stein gemeißelt ist.
Wenn du möchtest, halte ich mich einfach raus. Es ist dann kein Problem mehr. LG.

Der Autor betont, dass Dharma – oder die wahre Praxis – nicht das ist, was wir tun, sondern das, was wir sind.
Für mich ist das eine Parallele sowohl zum Mahayana als auch zum Zen.
Es hat nichts mit Anstrengung oder Mühe zu tun – und genau das hat mir sehr gefallen.


Ich mache Yoga mit echtem Genuss. Ich kann gar nicht anders – es ist wie eine Droge. Es geschieht einfach.
So sollte es immer sein, ganz gleich in welcher Situation.


Wenn ich mich auf den Atem konzentriere, entspanne ich mich. Alles vergeht, ich bin nicht erhitzt –
sondern klar und kühl im Kopf.


Das ist Nirvana . Aber im Hier und Jetzt – nicht irgendwo anders. Punkt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Die Praxis sollte inneren Frieden, Ruhe und Gelassenheit bringen – es geht nicht darum, wer recht hat. Das ist, was ich hier beobachte. Meine eigene Sicht.
....
Es ist nicht das erste Mal, dass hier keine echte Diskussion stattfindet, sondern eher ein Kampf darum, wer recht behält.
Für mich – wie auch für Anālayo – ist der Buddhismus eine lebendige Lehre, nicht etwas, das ein für alle Mal in Stein gemeißelt ist.
Wenn du möchtest, halte ich mich einfach raus. Es ist dann kein Problem mehr.

Anstatt die Diskussion aufzugeben, könnten wir versuchen herauszufinden, was die Ursachen für einen Kampf um's Rechtbehalten sind. Eine Ursache ist wohl das Selbstwertgefühl bzw. der Stolz, der sich nach der Lehre dreifach äußert: 'Ich bin besser, Ich bin ebenbürtig, Ich bin geringer.'
Wenn wir uns selber beobachten, können wir sehen, ob jetzt gerade etwas davon in uns ist. Ich möchte ehrlich sein - in mir taucht das immer wieder auf und ich erkenne nicht immer, dass es eine Verblendung ist, der Ich-Dünkel.

Wie angenehm wäre es doch, davon frei zu sein, nichts verteidigen zu müssen und keine Angst vor Erniedrigung zu haben. Nun ja, deshalb bemühe ich mich immer genau hinzuschauen, um die Vereinnahmung durch die drei Geistestrübungen oder Geistesgifte zu erkennen und zu überwinden. Und es ist ein Problem, dass ich mich zu wenig bemühe.

Ich denke, wir sollten auch nachsichtig sein, offen, tolerant und großzügig, wohlwollend und verständnisvoll. Ver-stehen, von sich selber abrücken und in die Situation anderer hineinversetzen. Tja, es gibt viel zu tun. "Wohlan, lasst euch gesagt sein: Schwinden muss jede Erscheinung, unermüdlich mögt ihr da kämpfen" (Die letzten Worte des Buddha).
 
Re: Dharma Das Beobachten
Mein Lieber, du solltest dann zuerst selbst Fragen stellen. Für mich war der Buddha kein Superman – für dich ist das anders. Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, wie auch in andere Bereiche – für dich mag es anders sein. Für mich läuft die Wiedergeburt rund um die Uhr – aber auch das siehst du möglicherweise anders.
Ich hatte bereits Hier verlinkt, der zeigt, dass es eben auch möglich ist, die Dinge anders zu sehen.
Aber wie gesagt: Warum sollte ich Angst davor haben, anders zu denken? Denn genau dann beginnt meist die Konfrontation. Und die brauche ich ganz bestimmt nicht.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Mein Lieber, du solltest dann zuerst selbst Fragen stellen. Für mich war der Buddha kein Superman – für dich ist das anders. Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, wie auch in andere Bereiche – für dich mag es anders sein. Für mich läuft die Wiedergeburt rund um die Uhr – aber auch das siehst du möglicherweise anders.
Ich hatte bereits Hier verlinkt, der zeigt, dass es eben auch möglich ist, die Dinge anders zu sehen.
Aber wie gesagt: Warum sollte ich Angst davor haben, anders zu denken? Denn genau dann beginnt meist die Konfrontation. Und die brauche ich ganz bestimmt nicht.

Wenn jemand in einer langen Entwicklung zu bestimmten Überzeugungen gelangt ist, sind ihm alle Gegenargumente bekannt, er hat sie ja bereits bedacht und erwogen. Wenn er dann seine Sichtweise öffentlich äußert, entsteht oft Konfrontation (Lat. confrontatio:: Gegenüberstellung) mit anderen Überzeugungen. Wenn diese ebenfalls in einer langen Entwicklung entstanden sind, sind dem Gegenüber auch alle Gegenargumente, die er bereits erwogen und verworfen hat, bekannt. So bleibt jeder bei seiner Sicht und es macht keinen Sinn, sich gegenseitig mit Argumenten zu bekämpfen. Man sagt dann "Ich sehe das so" und nicht "Ich kenne die Wahrheit", wenn man einsieht, dass man etwas nicht wirklich weiß.

So halte ich es nur für äußerst wahrscheinlich, dass der Buddha kein gewöhnlicher Mensch war und dass es verschiedene Bereiche gibt, in denen sich das Dasein nach dem Tod fortsetzt, aber es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass ich mich täusche. Entstehen und Vergehen läuft rund um die Uhr, aber ich nenne das nicht Wiedergeburt.

Wir haben keine Angst davor, anders zu denken und wenn und das Andere zu sehr stört, dann lassen wir es eben sein, gehen auf die entsprechenden Beiträge nicht mehr ein und zitieren nicht mehr daraus.
 
Re: Dharma Das Beobachten
So bleibt jeder bei seiner Sicht und es macht keinen Sinn, sich gegenseitig mit Argumenten zu bekämpfen. Man sagt dann "Ich sehe das so" und nicht "Ich kenne die Wahrheit", wenn man einsieht, dass man etwas nicht wirklich weiß.
Es gibt keine endgültige Wahrheit – zumindest nicht im Sinne einer letzten, absoluten "Instanz". Ich würde das auch niemals behaupten, denn es widerspräche dem grundlegenden Prinzip der abhängigen Entstehung.
Oder – in den Worten der Prasangika-Schule –: Alles existiert nur kraft der Benennung.


Warum also Alles?
Das war meine Frage.
Und darauf habe ich keine Antwort bekommen.

Die Aussage über die Wiedergeburt stammt übrigens nicht von mir, sondern von Buddhadasa Bhikkhu – einem Theravāda-Lehrer, den ich sehr schätze.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Es gibt keine endgültige Wahrheit – zumindest im Sinne einer letzten, absoluten "Instanz". Ich würde das auch niemals behaupten, denn es widerspräche dem grundlegenden Prinzip der abhängigen Entstehung.
Oder – in den Worten der Prasangika-Schule –: Alles existiert nur kraft der Benennung.


Warum also Alles?
Das war meine Frage.
Und darauf habe ich keine Antwort bekommen.
Alles existiert nur Kraft der Benennung ist eine äußerst knappe Zusammenfassung des abhängigen Entstehens. Bei der Darstellung des abhängigen Entstehens werden meist drei Ebenen, manchmal auch vier, genannt. Ich bleibe bei der Darstellung des abhängigen Entstehen mit drei Ebenen. Diese sind:
  • Alle Produkte sind abhängig von Ursachen und Umständen
  • Alle Phänomene sind abhängig von ihren Teilen
  • Alle Phänomene sind abhängig von der Benennung durch den Geist.
Der erste Punkt trifft nicht für alle Phänomene zu, weil es beständige Phänomene gibt, die sich nicht von Moment zu Moment verändern wie die Produkte. Wenn man diesen Aspekt mal nicht berücksichtigt, dann kann man sagen, alle drei Arten des abhängigen Entstehens treffen auf alle Phänomene zu, weil sie Eigenschaften aller Phänomene sind. Es gibt kein Phänomen an dem man nicht alle drei Arten des abhängigen Entstehen findet.

Die drei Arten des abhängigen Entstehens sind allerdings unterschiedlich tiefgründig und die dritte Art ist die Tiefgründigste. Alles existiert Kraft der Benennung schließt die anderen beiden Arten des abhängigen Entstehens nicht aus, sondern mit ein! Existieren Kraft der Benennung bedeutet, dass die Phänomene nicht die geringste Spur von Eigenwesen aufweisen, die Phänomene existieren nicht Kraft eigener Merkmale von ihrer Seite her. Die Phänomene existieren für uns nur, weil wir sie in Abhängigkeit von ihren Ursachen, Bedingungen und Teilen mit einem Begriff bezeichnen. Und diese Benennungen sind nicht beliebig. Alles existiert nur Kraft der Benennung, weil alle Phänomene nicht die Spur eines Eigenwesens, aufgrund dessen sie bestehen könnten, besitzt.

Es gibt eine endgültige Wahrheit, manchmal auch als letztgültige Wahrheit übersetzt. Der Buddha hat zwei Wahrheiten gelehrt und endgültige oder letztgültige Wahrheit ist eine Übersetzung des Sanskritwortes paramarthasatya. Die andere Wahrheit ist samvrtisatya. Samvrtisatya wird auch mit konventioneller oder verhüllender Wahrheit übersetzt. Beide Wahrheiten sind keine Wahrheiten im Sinne der Aussagenlogik, sondern abhängige Phänomene und sie sind eine Einteilung der Phänomene. Deshalb ist die Übersetzung von paramarthasatya mit absoluter Wahrheit nicht nur schlecht, sondern schlicht und einfach falsch.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Es gibt eine endgültige Wahrheit, manchmal auch als letztgültige Wahrheit übersetzt
Wie du willst, @Helmut .

Es gibt nichts, was das Samsara vom Nirwana und das Nirwana vom Samsara unterscheidet. Die Grenze des Nirwana ist zugleich die Grenze des Samsara. Zwischen diesen beiden wird auch nicht der feinste Unterschied gefunden.[7]na saṃsārasya nirvāṇāt kiṃcid asti viśeṣaṇam |na nirvāṇasya saṃsārāt kiṃcid asti viśeṣaṇam ||nirvāṇasya ca yā koṭiḥ koṭiḥ saṃsaraṇasya ca |na tayor antaraṃ kiṃcit susūkṣmam api vidyate ||(MMK 25.19-20)
Wikipedia.

Die andere Quelle wurde ebenfalls von mir zitiert:

Die Identität von Samsara und Nirvana Die Identität von Leerheit und Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit und die dynamische Wechselbeziehung zwischen den beiden Wahrheiten der Madhyamika -Philosophie finden ihre volle religiöse Verwirklichung in der Mahayana-Lehre von "Samsara-wie-es-Ist ist Nirvana".

Für einen Buddhisten ist Nirvana das Ziel, das er durch das Hintersichlassen des Samsara erreichen kann. Will man sich vom Leiden befreien, darf man nicht dem Samsara verhaftet sein. "Während seiner ganzen Geschichte hat der Mahayana- Buddhismus immer gesagt: Verweile nicht im Nirvana. Er hat aber auch immer gesagt: Verweile nicht im Samsara. Verweilt man im sogenannten Nirvana, weil man das Samsara transzendiert hat, ist man noch nicht frei von Festhalten, denn man haftet noch am Nirvana, und dieses Unterscheiden zwischen Nirvana und Samsara wirkt sich einschränkend aus." (Masao Abe, Zen and Western Thought) Man ist noch immer "selbstsüchtig, weil man abgehoben in der eigenen Erleuchtung weilt, getrennt vom Leiden aller anderen im Samsara gefangenen Wesen. Wahre Selbstlosigkeit und wahres Erbarmen können nur verwirklicht werden, indem man das Nirvana transzendiert und mitten ins Leiden der sich ewig wandelnden Welt zurückkehrt, um in ihr zu wirken." "Das Nirvana im mahayanistischen Sinn transzendiert zwar das Samsara, es ist aber nichts anderes als die Verwirklichung von Samsara als Samsara - nicht mehr und nicht weniger. Und dies ist nur dadurch möglich, daß man vollkommen ins Samsara zurückkehrt. Aus diesem Grund heißt es im Mahayana vom wahren Nirvana oft, "Samsara-wie-es-Ist ist Nirvana".


Dieses vollkommene Nicht-Verweilen, dieses freie Pendeln zwischen Samsara und Nirvana, zwischen Nirvana und Samsara, ist das wahre Nirvana im mahayanistischen Sinne. Und dies ist die soteriologische Bedeutung der Leerheit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Dharma Das Beobachten
Es gibt keine endgültige Wahrheit – zumindest nicht im Sinne einer letzten, absoluten "Instanz". Ich würde das auch niemals behaupten, denn es widerspräche dem grundlegenden Prinzip der abhängigen Entstehung.
Jedenfalls kann ich Wahrheit nicht als etwas Unabhängiges erkennen, nur Wahrheit über etwas. Ob es sich nun um ein irgendein physisches oder ein geistiges Phänomen handelt, die Wahrheit ist, soweit sie ein Mensch erkennen kann, dass nichts davon aus sich selbst heraus besteht, dass alles vergeht was entstanden ist und dass nichts davon ein Ich oder Selbst ist. Nicht über diese Wahrheiten bewusst zu sein und vergängliches zu begehren und sich zu eigen zu machen, ist zweifellos die Ursache aller Leiden. Der Buddha hat diese Wahrheiten aufgezeigt, sowie den Weg der zur Befreiung von Dukkha führt. Deshalb sind er, seine Lehre und die Nachfolger, welche das erkannt haben, die höchste Instanz der Wahrheit für mich - so wie es Kriton von Sokrates gesagt hat: "Von allen mit denen wir es versucht haben, war er der Beste."
Nun geht es darum, die Lehre auch anzuwenden und zu einer der Übungen habe ich diesen Thread aufgemacht.

Oder – in den Worten der Prasangika-Schule –: Alles existiert nur kraft der Benennung.

Warum also Alles?
Das war meine Frage.
Und darauf habe ich keine Antwort bekommen.
Die Frage hat @Helmut beantwortet, ich kenne mich mit Prasangika nicht aus.

Die Aussage über die Wiedergeburt stammt übrigens nicht von mir, sondern von Buddhadasa Bhikkhu – einem Theravāda-Lehrer, den ich sehr schätze.
Das weiß ich und du hast es auch schon oft erwähnt.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Jedenfalls kann ich Wahrheit nicht als etwas Unabhängiges erkennen, nur Wahrheit über etwas. Ob es sich nun um ein irgendein physisches oder ein geistiges Phänomen handelt, die Wahrheit ist, soweit sie ein Mensch erkennen kann, dass nichts davon aus sich selbst heraus besteht, dass alles vergeht was entstanden ist und dass nichts davon ein Ich oder Selbst ist. Nicht über diese Wahrheiten bewusst zu sein und vergängliches zu begehren und sich zu eigen zu machen, ist zweifellos die Ursache aller Leiden. Der Buddha hat diese Wahrheiten aufgezeigt, sowie den Weg der zur Befreiung von Dukkha führt. Deshalb sind er, seine Lehre und die Nachfolger, welche das erkannt haben, die höchste Instanz der Wahrheit für mich - so wie es Kriton von Sokrates gesagt hat: "Von allen mit denen wir es versucht haben, war er der Beste."
Nun geht es darum, die Lehre auch anzuwenden und zu einer der Übungen habe ich diesen Thread aufgemacht.
Ja, da stimme ich dir vollkommen zu, @mukti Nicht alle-eher sehr wenige- haben wirklich ver-inner-lich-t, dass die Uhr tickt Immer! Und wenn jemand Zugang zum Dhamma gefunden hat, dann bleibt nichts anderes übrig, als zu praktizieren.


Was die heiklen Fragen wie die Wiedergeburt angeht – da weiß ich es einfach nicht.
In einem interessanten und sehr lesenswerten Buch von Werner Vogd, „Welten ohne Grund“, versucht er das sogar wissenschaftlich es zu belegen, aber ich kann nicht alles lesen.


Entscheidend ist doch, sich immer wieder bewusst zu machen, dass wirklich alles vergänglich ist. Es gibt nichts, das mir gehört – und auch kein „Ich“ als festes, dauerhaftes Ding.


Spätere buddhistische Richtungen legen dann den Schwerpunkt nicht mehr so sehr auf den Buddha als konkrete Person, sondern auf die "Dinge", so wie sie sind. Aber das finde ich auch mehr als ausreichend bei Bhikkhu Anālayo.

Die Betrachtung der Elemente ermöglicht einen einfachen Zugang zu dem, was in der frühen buddhistischen Lehre als der wohl wichtigste Faktor der Einsicht gelten kann – das Nicht-Selbst (anattā). Dasselbe lässt sich auch mit dem Begriff „leer“ verstehen – in dem Sinne, dass alle Dinge leer von einem Selbst sind.


Der Begriff „Selbst“ kann in diesem Zusammenhang leicht missverstanden werden. Die Aussage, dass es kein Selbst gibt, bedeutet nicht, dass es überhaupt nichts gibt. „Selbst“ bezeichnet hier etwas Beständiges und Substanzielles, das vollständige Kontrolle ausüben kann. Ein solches Etwas lässt sich in keinem Aspekt der Wahrnehmung finden. Das ist es, was Leere im frühen Buddhismus bedeutet.


Tatsächlich meint Leere im frühen Buddhismus: „leer von etwas“. Der Körper ist leer von einem beständigen, kontrollierenden Selbst. Deshalb ist der Körper nicht immer so, wie wir ihn gerne hätten – er wird krank und stirbt letztlich.
S. 125, die deutsche Ausgabe.
 
Re: Dharma Das Beobachten
Lieber @mukti, zu unseren strittigen Punkten habe ich eine interessante Stelle im neuen Buch gefunden:

Laut der Ariyapariyesanā-Sutta (MN 26; Anālayo 2013: 109f und 2017c: 8ff) war es neben den Erscheinungsformen des Leidens wie Alter und Krankheit insbesondere die Tatsache des Todes, die den zukünftigen Buddha motivierte, seine Suche nach dem Erwachen zu beginnen. Als er schließlich das Erwachen erreichte, verkündete er, dass er die Unsterblichkeit verwirklicht habe. Das bedeutete jedoch keine Form ewigen Lebens, denn sein Körper war weiterhin dem Tod unterworfen. Vielmehr litt er nicht länger unter der Angst vor dem Tod. Mit anderen Worten: Nach frühem buddhistischen Denken kann Freiheit vom Tod noch zu Lebzeiten verwirklicht werden.
S.141, Markierung ist von mir. LG.
 
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