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Tai

Mitglied
Buddh. Richtung:
Zen
Betrachtest du
die Zehntausend Erscheinungen gleich,
dann kehrst du zurück
zum Natürlichen.

Sind die Unterscheidungen vergangen,
dann gibt es
keine Vergleiche mehr.

Wird Bewegung angehalten,
so ensteht Nicht-Bewegung;
wird Ruhe bewegt,
so entsteht Unruhe.

Wenn beides schon nicht existiert,
wie könnte es dann das Eine geben?



(Quelle: Shinjinmei, Die Meißelschift vom Vertrauen in den Geist Edition steinrich 2019)
 
Es ist wirklich nicht leicht, die Zehntausend Erscheinungen gleich zu betrachten, in unseren Alltagsleben sind Unterscheidungen und Vergleiche sogar gefordert.
Wenn ich Bewegung anhalte, damit Ruhe entsteht, werde ich meinem Leben nicht gerecht, wenn ich Unruhe zulasse, kann ich keinen klaren Geist für Entscheidungen finden. Wenn beides nicht existiert gibt es das Eine nicht? Es klingt ja logisch. Ob man Ruhe anstrebt und dabei Unruhe erfährt, ist letztlich alles Mist. Aber ich denke es ist wichtig, das selbst zu probieren und zu erfahren.
Alle Vorstellungen führen in eine Sackgasse.
Verstehe ich so für mich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist wirklich nicht leicht, die Zehntausend Erscheinungen gleich zu betrachten, in unseren Alltagsleben sind Unterscheidungen und Vergleiche sogar gefordert.
Sie als gleich zu betrachten, wäre auch ein Ausdruck dualistischen Denkens, denn "gleich" ergibt nur Sinn als Gegensatz zu "verschieden, ungleich etc.". Die Erscheinungen sind einfach so, wie sie sind. Alles in seiner Soheit zu belassen, entspricht dem Natürlichen oder, wie es auch genannt wird, der "wahren Natur". Auch unser begriffliches Denken ist Ausdruck dieser wahren Natur. Es geht nach meinem Verständnis hier nicht darum, gar nicht mehr zu unterscheiden, sondern darum, nicht mehr auf die Illusion der Unterscheidung hereinzufallen.

Wenn ich Bewegung anhalte, damit Ruhe entsteht, werde ich meinem Leben nicht gerecht, wenn ich Unruhe zulasse, kann ich keinen klaren Geist für Entscheidungen finden. Wenn beides nicht existiert gibt es das Eine nicht?
Bewegung, Ruhe, Beides, das Eine usw. sind ebenfalls allesamt nur begriffliche Vorstellungen, die der "wahren Natur" niemals gerecht werden können. Deswegen gilt:
Alle Vorstellungen führen in eine Sackgasse.
(y)
 
Ich wiederhole jetzt nochmal für mich, damit ich es mir besser merken kann: Alle Erscheinungen sind gleich (oder eins) in dem Sinn, dass sie so sind, wie sie sind. Und sie sind auch Eins in dem Sinn, dass alle Erscheinungen ausschließlich in meinem Geist so erscheinen, wie sie erscheinen. Bei anderen Wesen könnten sie anders erscheinen, aber auch für die anderen Wesen gilt: Sie erscheinen so, wie sie sind - oder auch: sie erscheinen mir oder dir so, wie ich (in meinem Geist gestrickt) bin, oder wie du bist.
Wenn ich einfach nur klar und erkennend bin im Geist, dann erscheint Samsara auch so - und dann ist Samsara eigentlich zu Nirvana geworden. Denn Samsara und Nirvana sind auch Eins - in dem Sinn, dass sie abhängig sind voneinander.
Und so beißt sich die Katze wieder in den Schwanz und kann in der Formel zusammengefasst werden: Form ist Leere - Leere ist Form.
 
Sie als gleich zu betrachten, wäre auch ein Ausdruck dualistischen Denkens, denn "gleich" ergibt nur Sinn als Gegensatz zu "verschieden, ungleich etc.".
"Gleich zu betrachten", dabei hatte ich zeitgleich verstanden, also simultan, aber es kann auch heissen, als gleichwertig zu betrachten, oder auch gleich, im Sinne von sofort. Die deutsche Sprache scheint ja manchmal gnadenlos detailliert, im Vergleich zu dem Chinesischen das hier auch noch ins Japanische übersetzt wurde und dann wieder ins Deutsche. Leider kann ich den Originaltext nicht verstehen aber ich denke ihr liegt hier ganz komplett richtig. :)

Kannst Du @Emaho uns bitte auch noch die andere Übersetzung einstellen? Nur so aus Neugierde. Danke,

und liebe Grüsse von Bubbles
 
Siehst du alle Dinge gleich,
kehren sie heim zum natürlichen Sein:
Ursachen verschwinden und Vergleiche sind nicht möglich.

Schau auf die Bewegung in der Ruhe
und auf die Ruhe in der Bewegung.
Beide, Bewegung wie Ruhe verschwinden.
Wenn beide nicht sind, kann eines dann sein?

Im Absoluten sind keine Regeln.
Der Geist in Einklang mit ihm wird unparteiisch
und hört auf, zu planen und zu streben.

Wenn Zweifel und Argwohn ausgeräumt,
ist wahrer Glaube leicht gewonnen.

(die andere Übersetzung)
 
Sind die Unterscheidungen vergangen,
dann gibt es
keine Vergleiche mehr.
Ich sehe gerade, dass mir hier in der Abschrift leider ein Tippfehler unterlaufen ist. Es muss „Ursachen“ heißen, nicht „Unterscheidungen“. Also:

Sind die Ursachen vergangen,
dann gibt es
keine Vergleiche mehr.


Sorry dafür.
Gleich zu betrachten", dabei hatte ich zeitgleich verstanden, also simultan
Ich finde auch, dass dieser Teil der Übersetzung mehrdeutig ist. Man könnte ja auch „gleich“ im Sinne von „jetzt gleich“ bzw. (immer) „unmittelbar jetzt“ auslesen. @Emaho ‘s alternative Übersetzung ist auch in diesen Zeilen recht hilfreich m.M.n. Wenn ich das richtig verstehe, entsprechen die beiden ersten Strophen aus deiner Übersetzung, @Emaho , den hier besprochenen Strophen 50-53, während die weiteren zwei in @Bubbles Übersetzung als 54, 55 und 56 nummeriert sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und sie sind auch Eins in dem Sinn, dass alle Erscheinungen ausschließlich in meinem Geist so erscheinen, wie sie erscheinen
Ich würde da sogar noch weiter gehen: Sie sind auch Eins in dem Sinn, dass alle Erscheinungen (aus deiner Perspektive - und das ist die einzige, die du je haben kannst!) ausschließlich in deinem Geist erscheinen. Und insofern auch nicht getrennt sein können von diesem Einen Geist, der du bist.

Bei anderen Wesen könnten sie anders erscheinen, aber auch für die anderen Wesen gilt: Sie erscheinen so, wie sie sind …
Auch das ist eine Überlegung, die in deinem Geist erscheint; ebenso wie auch die anderen Wesen in deinem Geist erscheinen. Damit will ich nicht behaupten, es gäbe die anderen Wesen nicht. Die Illusion, auf die wir hier nicht hereinfallen sollten, ist die Vorstellung, diese Wesen existierten unabhängig von uns. Denn auch die Vorstellung von unabhängig von mir existierenden Wesen, ist eine Vorstellung, die in meinem Geist erscheint und damit Teil von mir ist. Es kann (aus meiner Perspektive) überhaupt kein anderes Wesen geben, dem ich begegne oder das ich mir auch nur vorstelle, das damit nicht zwangsläufig auch in meinem Geist und somit Teil dieses Eins ist.

Deswegen ist das (für sich stehende) „Fühlende Wesen“ auch eine der vier Arten von Vorstellungen, die gemäß Diamant-Sutra ein Bodhisattva nicht aufkommen lässt.
 
Ich würde da sogar noch weiter gehen: Sie sind auch Eins in dem Sinn, dass alle Erscheinungen (aus deiner Perspektive - und das ist die einzige, die du je haben kannst!) ausschließlich in deinem Geist erscheinen. Und insofern auch nicht getrennt sein können von diesem Einen Geist, der du bist.
Danke @Tai - das gibt mir jetzt Stoff zum kontemplieren. Alle Wahrnehmungen, sei es der Handwerker draußen im Garten des Nachbars oder der Gedanke, der gerade entsteht - alles existiert in meinem Geist und nirgendwo sonst. Im Geist des Handwerkers erscheint etwas Anderes. Weder ich noch der Handwerker sind getrennt von dem Einen Geist. Wir SIND der Eine Geist. Aber dieser letzte Satz ist für mich leider mehr Theorie als wirkliche praktische Erfahrung.
Auch das ist eine Überlegung, die in deinem Geist erscheint; ebenso wie auch die anderen Wesen in deinem Geist erscheinen. Damit will ich nicht behaupten, es gäbe die anderen Wesen nicht. Die Illusion, auf die wir hier nicht hereinfallen sollten, ist die Vorstellung, diese Wesen existierten unabhängig von uns. Denn auch die Vorstellung von unabhängig von mir existierenden Wesen, ist eine Vorstellung, die in meinem Geist erscheint und damit Teil von mir ist. Es kann (aus meiner Perspektive) überhaupt kein anderes Wesen geben, dem ich begegne oder das ich mir auch nur vorstelle, das damit nicht zwangsläufig auch in meinem Geist und somit Teil dieses Eins ist.

Deswegen ist das (für sich stehende) „Fühlende Wesen“ auch eine der vier Arten von Vorstellungen, die gemäß Diamant-Sutra ein Bodhisattva nicht aufkommen lässt.
Ich danke dir sehr. Ich verstehe (mental), was Du sagst. Es ist sehr gut, daran erinnert zu werden, aber es ist schon ganz schön schwer zu integrieren.... Und obwohl ich das Diamant-Sutra nur dem Namen nach kenne, habe ich gehört von einer Aussage des Buddha, wo er sinngemaß sagt: Wenn ein Bodhisattwa meint, er könne auch nur ein einziges Wesen befreien, dann ist er kein Bodhisattwa...
Alle Wesen und überhaupt alles sind wie Tropfen im Großen Meer des Einen Geistes. Das Meer ist Wasser, ist H2O. Und ich bin auch Wasser, H2O. Und der Handwerker auch und der Klang der Kirchenglocke gerade eben - auch...
 
Deine Worte @Tai erinnern mich an die Szene in Exodus 3: Moses hütet die Schafe und er sieht einen leuchtenden Dornbusch. Er läuft hin, um das Phänomen zu untersuchen. Da hört er, wie aus dem Dornbusch eine Stimme seinen Namen ruft. (Es ist wohl eher der Resonanzraum zwischen Moses und dem Busch, in dem die Stimme ertönt). Er antwortet "Hineni" - Ich bin da! Ich stehe zur Verfügung! Ein Ausdruck der Hingabe. Es entsteht ein Dialog, Moses fühlt sich berufen, das Volk Israel aus Ägypten in ein "gelobtes Land" zu führen. Als Moses fragt, wer denn der Auftraggeber sei, antwortet die Stimme „Ehjeh asher ehjeh“ - das wird übersetzt mit "Ich bin der "Ich bin da"" - In der Geschichte gibt es eine feine Unterscheidung zwischen dem "Ich bin da" des Moses und dem "Ich bin da" JAHWEs. In unserem Shinjinmei aber sind wir gerufen, auch eine solche Unterscheidung aufzugeben.
Das ist jetzt religionsübergreifend. Fällt mir grad so ein.
 
In der Geschichte gibt es eine feine Unterscheidung zwischen dem "Ich bin da" des Moses und dem "Ich bin da" JAHWEs. In unserem Shinjinmei aber sind wir gerufen, auch eine solche Unterscheidung aufzugeben.
Das ist jetzt religionsübergreifend. Fällt mir grad so ein.
In der christlichen Religion tritt das Individuum mit seinem Gott in den Dialog. Im Zuge der Verbreitung des Christentums wurde das von anderen getrennte Individuum zur wichtigsten Grundlage, auch unserer westlichen Werte. Im Buddhismus oder Taoismus wurde das anders gesehen. Das macht es glaube ich für uns auch heute nicht so einfach, diese Einheit zu verstehen, die im Shinjinmei geschildert wird.
 
Ja, sorry, da hab ich nicht aufgepasst. Weder im Buch (edition Steinrich) noch in meiner Übersetzung sind die Verse nummeriert.
Die Verse sind nicht nummeriert. In der Übersetzung der Edition Steinrich wurden zum Teil auch Zweizeiler mit Absätzen getrennt, das erklärt vielleicht die Zahlenverwirrung. Aber wir sollten uns davon nicht beirren lassen, wichtig ist doch der Text.
 
Alle Wahrnehmungen, sei es der Handwerker draußen im Garten des Nachbars oder der Gedanke, der gerade entsteht - alles existiert in meinem Geist und nirgendwo sonst.
Ich verstehe es so, das alles existiert und jeder in seinem Geist etwas anderes wahrnimmt, was evtl. grade zu seinem Geisteszustand passt. Es könnte morgen oder in der nächsten Minute schon ganz anders aufgefasst werden, wenn mein Geist in einer anderen Verfassung ist. Denn alles verändert sich ja permanent und entsteht und vergeht bedingt.
 
In der christlichen Religion tritt das Individuum mit seinem Gott in den Dialog. Im Zuge der Verbreitung des Christentums wurde das von anderen getrennte Individuum zur wichtigsten Grundlage, auch unserer westlichen Werte. Im Buddhismus oder Taoismus wurde das anders gesehen. Das macht es glaube ich für uns auch heute nicht so einfach, diese Einheit zu verstehen, die im Shinjinmei geschildert wird.
Du hast schon recht, die Verwirrung, die das Christentum gestiftet hat, ist groß. Wobei aber Jesus so Sachen gesagt hat wie: "Der Vater und ich sind Eins." (Johannes 10,30) Oder "Ich bin das Licht der Welt" (Johannes 8,12).und auch "Ihr seid das Licht der Welt" (Matthäus 5,14) Eckhart Tolle interpretiert "Licht" als Bewusstsein.
Da gibt es schon Berührungspunkte.
Mir geht es so, dass ich so Bibelsprüche von Jesus ganz anders aufnehme, seitdem ich die Buddhalehre kennengelernt hab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich verstehe es so, das alles existiert und jeder in seinem Geist etwas anderes wahrnimmt, was evtl. grade zu seinem Geisteszustand passt. Es könnte morgen oder in der nächsten Minute schon ganz anders aufgefasst werden, wenn mein Geist in einer anderen Verfassung ist. Denn alles verändert sich ja permanent und entsteht und vergeht bedingt.
Das sehe ich schon auch so, dass jeder in seinem Geist eine eigene Welt kreiert. Ich versuche, es darüberhinaus auch noch so zu verstehen, dass alle Phänomene Ausstrahlungen des Einen Geistes sind. Und der Mensch mit seinem komplizierten Hirn denkt sich halt was dazu... findet es schön oder hässlich oder egal. Während tief unterhalb dieser veränderlichen Geisteszustände der Eine Geist ruht, vollkommen klar und wach. Und friedlich. Mit diesem Einen Geist eins werden... das ist dann wohl so, wie wenn sich ein Tropfen mit dem Meer vereinigt - und bemerkt, dass er immer schon dieser Tropfen im Meer war. Wie sich das wohl anfühlt? Als Bayer würd ich sagen: Da haut es Dir den Vogel raus! ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Und obwohl ich das Diamant-Sutra nur dem Namen nach kenne, habe ich gehört von einer Aussage des Buddha, wo er sinngemaß sagt: Wenn ein Bodhisattwa meint, er könne auch nur ein einziges Wesen befreien, dann ist er kein Bodhisattwa...
Es geht auch hier nicht darum, dass der Bodhisattva nicht die Wesen befreien sollte, sondern dass er nicht auf die unterscheidende Vorstellung "Fühlendes Wesen" hereinfällt. Diamant Sutra (aus Kapitel 3):
Alle Arten und Gattungen von existierenden Fühlenden Wesen -aus Eiern geschlüpft, aus dem Schoß geboren, aus Feuchtigkeit geboren oder durch Verwandlung entstanden; mit Form oder ohne Form, mit Wahrnehmung oder ohne Wahrnehmung, mit weder Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung, - all diese muss ich in das Nirvana ohne Rest führen und sie (von allen Leiden) befreien. Und dennoch ist, selbst wenn unermesslich, unzählbar und unbegrenzt viele Fühlende Wesen so befreit worden sind, tatsächlich kein Fühlendes Wesen befreit worden.

Und warum? Subhuti, weil ein Bodhisattva, der die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem Fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne hat, kein Bodhisattva ist.
 
Da wir hier nach meinem Verständnis sehr nah an einem wichtigen Punkt sind, erlaube ich mir (wenn das okay ist), noch einmal nachzuhaken:
Das sehe ich schon auch so, dass jeder in seinem Geist eine eigene Welt kreiert.
Ja, so kann man das durchaus beschreiben. Wenn aber die Welt, die ich erlebe, im Geist/in meinem Geist kreiert wird, kann ich nichts erleben, dass nicht zugleich auch Teil dieses Geistes ist. So gesehen, ist alles dieser eine Geist.

Genau betrachtet, leben wir immer nur im Augenblick, genau jetzt. Alles, was ich in diesem Augenblick wahrnehme, ist Teil dieses Erlebens und kann damit auch nicht getrennt von mir sein. Die Trennung zwischen dem, was wahrnimmt und dem, was wahrgenommen wird, ist ein rein gedankliches Konstrukt. Es mag mitunter nützlich und sinnvoll sein, es so zu trennen; aber ein solches, trennendes Verständnis kann dem absoluten Erleben genau jetzt niemals gerecht werden. Die trennende Unterscheidung aufzugeben und zu diesem ungetrennten unmittelbaren Erleben genau jetzt zurückzukehren, ist, was Seng meint, wenn er sagt:

Betrachtest du
die Zehntausend Erscheinungen gleich,
dann kehrst du zurück
zum Natürlichen.
Dieses "Natürliche" oder auch das "Eine" bzw. der "Eine Geist" etc. ist dabei eben gerade das, was wir sind und die Welt ist, wenn wir nicht unterscheiden. Es ist also gewissermaßen alles, was unmittelbar wirklich ist (ob Wahrnehmung oder Vorstellung) weswegen eine andere Beschreibung des Einen Geistes auch "Alles, was ist" ist. Dieses Eine hat selbstverständlich keine trennenden Eigenschaften. Wenn die auftauchen, sind wir bereits wieder in der Welt unserer begrifflichen Vorstellungen und Illusionen angekommen. Deswegen ist der Eine Geist auch nicht "friedlich" oder etwas, das "unterhalb" von etwas anderem "ruht". Solche Vorstellungen gehören nach meinem Verständnis in die Kathegorie von "Und der Mensch mit seinem komplizierten Hirn denkt sich halt was dazu". Der Eine Geist, das bist du selbst in deiner Soheit, die nicht verschieden ist von allem, was du erlebst.

Wenn man auf diese Weise das dualitäre Verstehen loslassen kann (und sei es auch nur für einen Augenblick) gibt es keine Zweiheit mehr. Es bleibt scheinbar nur das Eine; aber auch das Eine verschwindet, denn der Begriff "das Eine" macht als Vorstellung nur Sinn, wenn er abgegrenzt ist von ewas, das nicht "das Eine" ist. Deswegen heißt es bei Seng Shan weiter:

Wenn beides schon nicht existiert,
wie könnte es dann das Eine geben?
 
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