Tai
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Buddh. Richtung:
Zen
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Ich möchte noch anmerken, dass auch diese Strophe eine hervorragende Methode der Geisteshaltung darstellt; zumindest für alle, die schon ein wenig Erfahrung haben mit der Praxis des "Was ist dies?" oder "Mu ". Bildlich gesprochen ist diese Frage ein geeignetes Sprungbrett, das dualitäre Denken als Ganzes aufzugeben (loszulassen).Wenn beides schon nicht existiert,
wie könnte es dann das Eine geben?
Vorausetzung dafür ist die Erkenntnis, dass (wie @Emaho es sehr treffend im Faden zu Vers 59-62 ausgedrückt hat) das Geschaute, ich die schaut, und das Schauen eins sind. Es kann also für mich gar keine Wahrnehmung, kein Erlebnis und auch keine Vorstellung geben, die nicht Teil dieses Einen bzw. in sich dieses Eine sind. In diesem Sinne ist in dem, was wir sind, ursprünglich jede Dualität aufgehoben (d.h. sie wird erst im Nachgang durch unser dualistisches Denken als Vorstellung/en konstruiert bzw. hinzugefügt).
Aber auch der Begriff des Einen ist eine solche, nachträglich hinzugefügte Vorstellung, die auch wieder ihre eigene Dualität konstruiert. Wenn also "beides schon nicht existiert", wieso sollte ich da an der Vorstellung vom Einen festhalten? Anders gesagt: Da der Begriff des Einen ohnehin alles meint, macht er als dualistische Vorstellung eigentlich keinen Sinn und kann sehr gut gemeinsam mit dem dualistischen Denken als solches losgelassen werden.
In der konkreten Praxis sieht das so aus, dass ich mich auf das Eine, das ich selber bin und alles ist, mit meinem Gewahrsein ausrichte und dabei die Vorstellung des Einen loslasse: "wie könnte es dann das Eine geben?" Die Antwort auf diese Frage sind keine klugen Überlegungen oder Formulierungen, sondern das unmittelbare sich Einlassen auf dieses Eine genau jetzt, so wie es ist, jenseits der Vorstellung vom Einen.