• Wichtige Änderungen an der Datenschutzerklärung. Mit der fortgesetzten Nutzung des Forums bestätigst Du die neuen Datenschutzrichtlinien. Bisher waren eingeschränkt Einbettungen in Posts möglich, teilweise wenn man zuvor explizit in den Einstellungen zugestimmt hat. Mit jeder Änderung der Soziale-Medien-Landschaft wird es schwieriger, alles mit eigenen Codes up-to-date zu halten und zusätzliche Dienste zu aktivieren. Ich habe daher standardmäßig über s9e eine Reihe an Diensten aktiviert - s9e aktualisiert die Codes, wenn sich etwas an den Diensten ändert. Folgende Drittanbieter sind nun also aktiv: s9e.github.io (Github), Youtube, Vimeo, Bluesky, Mastodon, Threads und Facebook. Details in der Datenschutzerklärung. (Dieser Hinweis kann über das X oben rechts ausgeblendet werden)

ZenZen

Forums-Einsteiger
Buddh. Richtung:
Zen
Kann es sein das man das letzte Geistesgift namens Unwissenheit erst durch Erleuchtung selbst neutralisieren kann?
Der Begriff Unwissenheit selbst impliziert ja zumindest das es um das Erkennen einer Tatsache geht, oder zumindest
interpretiere ich es so.
 
Re: traditionsübergreifend Verständnisfrage zu Unwissenheit
Hallo und Willkommen … :)

Ich würde das als fließenden Übergang bezeichnen. Durch Praxis und Studium wird Unwissenheit immer weiter abgebaut, bis die ursprüngliche Raumweisheit zutage treten kann. Wobei das Wechselspiel von Studium und Praxis Gelerntes in Erfahrung umsetzt. Und die Erfahrung erlaubt wiederum tieferes Verständnis.

Wie Du merkst, interpretiere ich Unwissenheit nicht als Mangel an etwas, wie z. B. Wissen, wo man durch Hinzufügen irgendwann alles hat. Sondern stattdessen als geistige Regung, die jene Erkenntnis verhindert, die auf natürliche Weise in allen Dingen und Situationen implizit enthalten ist.

Die Erleuchtung ist dann der Zustand, bei dem alle Schleier der Unwissenheit vollständig aufgelöst sind. Was vermutlich bedeutet, dass alle Schleier beseitigt sind.

Nur ein paar Gedanken aus meiner Sichtweise heraus. :)
 
| Mein Blickwinkel: Offen für Fremdeinflüsse. Wichtig ist mir, alles in seinem Kontext zu belassen und authentische Lehren zu schützen. Gleichzeitig ist mein Denken vernetzt und ich schreibe gerne in meinen eigenen Worten, was ich glaube, verstanden zu haben.
Re: traditionsübergreifend Verständnisfrage zu Unwissenheit
Hallo,

Wo bleiben meine Manieren, ich bitte um Verzeihung.
Da war ich mal wieder so auf meine Frage konzentriert das ich das Hallo vergessen habe :)

Deine Interpretation ist also eher Unwissenheit ist wie Staub auf einen Spiegel.
Die Definition die mir bis jetzt am besten gefällt ist den Beobachter(das selbst) mit den sich ständig Ändernden Objekten verwechseln.
Allerdings gibt es laut buddhistischer Interpretation kein Selbst in diesem Sinne, was ich widersprüchlich finde.
Wenn es kein selbst gäbe, wie sollte das selbst dann reinkarnieren?

Je mehr buddhistische Texte ich lese, desto mehr Frage ich mich ob meine Verwirrung nur aus einer ungenauen deutschen Übersetzung entsteht.
 
Re: traditionsübergreifend Verständnisfrage zu Unwissenheit
Hallo ZenZen,

Kann es sein das man das letzte Geistesgift namens Unwissenheit erst durch Erleuchtung selbst neutralisieren kann?
Der Begriff Unwissenheit selbst impliziert ja zumindest das es um das Erkennen einer Tatsache geht, oder zumindest
interpretiere ich es so.

Die Unwissenheit löst sich erst mit der Erleuchtung bzw. dem Erwachen vollständig auf. Aufgrund von Unwissenheit werden körperliche und geistige Phänomene als ein Selbst angenommen, in Wirklichkeit ist weder die Wahrnehmung noch das Wahrgenommene ein Ich oder Selbst.
 
Re: traditionsübergreifend Verständnisfrage zu Unwissenheit
Grüß Dich, @ZenZen - und Herzlich Willkommen in unserer Runde.
Je mehr buddhistische Texte ich lese, desto mehr Frage ich mich ob meine Verwirrung nur aus einer ungenauen deutschen Übersetzung entsteht. ... Allerdings gibt es laut buddhistischer Interpretation kein Selbst in diesem Sinne, was ich widersprüchlich finde. ....
Bedenke, es gibt nicht den Buddhismus , sondern unterschiedliche Schulen, die manches in ähnlicher Weise lehren, anderes jedoch differenziert betrachteṇ Je mehr ich lernte, je mehr ich mich auch den Lehren der anderen Schulen/ Traditionen öffnete, desto deutlicher zeigte sich mir: die Lehre Buddhas führt (unabhängig von den in den buddhistischen Schulen gelehrten Lehrinhalten) zum Ziel. Es ist für jeden von uns ein Weg dabei, dessen Lehrinhalte uns unserem Potential gemäß entgegenkommen und verständlich sind.

Versuch einer Erklärung: (Solltet Ihr Fehler finden, bitte korrigiereṇ. Danke)

Ich- oder Selbst
Alle buddhistischen Schulen stimmen darin überein, dass eine Person existiert – und zwar auf konventioneller Ebene.
Was heißt das?

Erklärung dazu:
Die konventionelle Ebene ist unsere „normale Alltagssicht … Du bezeichnest Dich selbstverständlich als „Ich“ (Ich selbst/ mein), z.B. in Unterscheidung zu „den anderen“: hier Ich – dort die anderen.

Du fühlst Dich einmalig, eigenständig, unveränderlich, denkst kaum daran, dass der Körper, den Du als „mein Körper“ bezeichnest, abends nicht mehr derselbe ist, wie morgens, denn der Organismus stieß tausende von alten Zellen ab, baute neue ein, … ein Gedanke, der Dich morgens noch begeisterte, ist Dir abends schon nicht mehr in Erinnerung usw. Das nennt man „subtile Vergänglichkeit“. Die grobe Vergänglichkeit ist klarer ersichtlich, z. B. wenn Du plötzlich einen Schulkameraden triffst, den Du seit der vierten Klasse nicht mehr gesehen hast, oder einen Ort, den Du in Deiner Kindheit zuletzt sahst, besuchst: nichts ist mehr so, wie früher …

Dieses Gefühl des „Ich“ ist auch genau das, was dieses Sich-verletzlich-und-angegriffen-fühlen hervorruft, das Persönlich-nehmen, was Dich bei Lob vor Stolz platzen, und bei Tadel Wut und Zorn empfinden lässt, … was Dir diktiert, welche Bedürfnisse Du hast, die augenblicklich befriedigt werden wollen, …

Es ist ein Identifizieren mit allem und jedem, was ist …

Theravada : siehe S.22.59. Die Merkmale des Nicht-Ich - 7. Anattalakkhaṇa Sutta (https://www.palikanon.com/samyutta/sam22_060.html - nach unten scrollen)

Mahayana :
Körper und Geist sind eine voneinander abhängige Einheit. Eine Person gibt es, aber kein von Körper und Geist unabhängiges, eigenständiges existentes, unwandelbares Ich oder Selbst (=> Synonyme). Das Ich (oder Selbst, wie einige sagen), existiert lediglich in Verbindung mit den körperlichen und geistigen Aggregaten, den sogenannten Skandhas , einer Gruppe sich ständig verändernder, physischer und psychischer Bestandteile:
  • Körper
  • Geist:
  • Bewusstsein - auch Hauptgeist genannt
  • Empfindung
  • Unterscheidung
  • gestaltenden Faktoren
Dennoch ist innerhalb dieser Gruppen nichts auffindbar, was als Ich oder Selbst bezeichnet werden könnte. … (Alles ist in stetem Wandel begriffen.) Zwar ist letztendlich gesehen nichts auffindbar, da die wahre Natur nicht nur einer Person, eines Lebewesens, sondern aller Dinge, eben ihre Leerheit ist, dennoch sind wir in dieser Welt und müssen uns nach bestem Wissen mit dem, was ist, auseinandersetzen.

(Was versteht man in der buddhistischen Philosophie unter dem Begriff Leerheit?
Alles, was ist, beruht auf Ursachen und entsprechenden Umständen. Alles ist mit allen und allem verbunden. Alles, was ist, ist im steten Wandel begriffen.
Schlussfolgerung:
Nichts und niemand ist unabhängig.
Nichts und niemand ist eigenständig.
Nichts und niemand ist unwandelbar.

Drei Aspekte der Leerheit
1. Alles Seiende ist „leer“ oder frei davon, unabhängig, Teile-los und beständig, oder unveränderlich zu existieren.
2. Alles Seiende ist „leer“ oder frei davon, aus sich selbst heraus zu existieren, d.h. , unabhängig von Ursachen und Umständen zu existieren.
3. Es gibt in der Person kein auffindbares, zeigbares Ich, das verschieden von Körper und Geist ist, mit Körper und Geist identisch, oder Besitzer von Körper und Geist ist.)


Der Begriff Ich (tib. bdag - Skt. atman ) wird in der buddhistischen Philosophie unterschiedlich interpretiert

Hinayana - oder Schulen des Abhidharma - Vaibhasika und Sautrantika
(Vorläufer des Theravada)

Vaibhasika: Ich /Person => körperliche und geistige Aggregate (skrt. Skandhas)
Skandhas
Körper
Unterscheidung
Empfindung
nicht-bewusstseinshafte gestaltende Faktoren
Hauptbewusstsein, (auch als Geist bezeichnet)

Sautrantika zwei Auffassungen:
1.) Auffassung der Vaibhasika (siehe oben)
Ich/Person => Geist oder Hauptbewusstsein

Philosophische Schulen des Mahayana

Cittamatrin
(Yogacarin) ó Ich/ Person = unterschiedliche Aspekte des Geistes oder Hauptbewusstseins (lt. Definition diverser Unterschulen da verschiedene Auffassungen über die Struktur des Geistes)
Svatrantika-Madhyamika … (muss ich nachschauen :rolleyes: )
Prasangika-Madhyamika:
Die Prasangika-Madhyamika postulieren, dass die Person, nur als Begriff existiert, der in Abhängigkeit von den verschiedenen körperlichen und geistigen Faktoren gegeben wird. Innerhalb der Benennungsgrundlage des Selbst, also der Aggregate, ist nicht ein einzelner Faktor oder ein einziges Element von seiner Seite her als Ich auffindbar. Das Ich/Selbst (Synonym) existiert als bloße Benennung in Abhängigkeit von seinen Teilen und hat damit keinerlei Existenz von der Seite der Aggregate her.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasangika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: traditionsübergreifend Verständnisfrage zu Unwissenheit
Ich danke vielmals für eure Erklärungen. Und nocheinmal im Besonderen mkha für deine besonders genaue Veranschaulichung.
Mein jetziges Verständnis stimmt mit dem Überein was du geschildert hast, ich habe mich entschlossen SanSkrit zu lernen um die Originaltexte zu lesen.
Meine Vermutung das die Übersetzung im deutschen sehr ungenau ist sehe ich als bestätigt.

Erkennbar sind auch Parallelen zum Hinduismus, da Gautama verschiedene Schulen vor dem Erwachen besuchte könnte man mutmaßen das der Buddhismus zum Teil daraus entstanden ist.
 
Zurück
Oben Unten