Kürzlich war ich auf einem Bahnhof, bereits eineinhalb Stunden vor der Abfahrt meines Zuges, weil ich dort etwas trinken und mich ausruhen wollte. Vor einer netten Bäckerei saß also ein älterer Herr, vielleicht in den 60ern oder er sah sogar älter aus, hätte aber auch in den 50ern sein können. Jedenfalls hat er nicht einmal nach etwas gefragt, er saß einfach nur da, aber ich habe seine Kleidung erkannt. Ich hatte zwei Sorten abgepackten Käse und ein Sandwich dabei, das mein Gastgeber für meine viereinhalbstündige Zugfahrt vorbereitet hatte. Also gab ich ihm die Brotzeit und den zusätzlichen Käse.
Manchmal wird gesagt, dass diese Leute nur um Geld bitten, um sich Alkohol zu kaufen. Sie möchten kein Essen. Wir sind tatsächlich an diese Art von Erklärung gewöhnt. Aber in dem Moment, als ich ihm das Essen gab, nahm er es freudig und überrascht an. Daraufhin beobachtete ich ihn ein wenig aus der Ferne: er begann sofort, das belegte Brot und auch den Käse zu essen. Er aß alles auf und ließ nichts übrig.
In dem Moment wurde mir klar, dass es wirklich viele Menschen gibt, die auf Bahnhöfen oder auf der Straße sitzen, an vielen Orten, und sie warten nicht nur auf ein alkoholisches Getränk. Nicht, dass das nicht auch wahr wäre, aber ich möchte euch sagen, dass diese Menschen auch auf echte Lebensmittel als ihre tägliche Mahlzeit warten!
Dann ging ich wieder zu ihm hin und fragte ihn, woher er komme. Und er sagte mir, er spreche kein Englisch. Ich habe einfach weiter gefragt: "Woher kommst du?" und "Wo wohnst du?" Und ja, am Anfang war es schwierig, sich ihm zu nähern, weil er schon länger nicht mehr geduscht hatte und man weiß, dass das übel riechen kann. Aber wenn man den Wunsch hat, sich zu nähern und sich auf einander einzulassen, dann verschwindet der üble Gedanke. Ich fragte ihn also nach seinem Namen und so weiter. Aber er hat überhaupt nicht gesprochen. Mir fiel dann auf, dass ihm zwei Vorderzähne fehlten und er sich nicht rasiert hatte und so weiter. Am Ende sagten wir also nur "Gott segne dich!” zueinander. Das war unser Gespräch.
Diese Geschichte ist ein Weihnachtsgeschenk für euch, mein schriftliches Weihnachtsgeschenk.
Ich möchte meine Studenten und Studentinnen, Freunde und Freundinnen und andere Personen bitten, wenn ihr vielleicht denkt: "Oh, es ist Weihnachten, also möchte ich Rinpoche auch ein Weihnachtsgeschenk machen." Falls ihr das denkt, dann teilt bitte dieses Jahr mein Weihnachtsgeschenk, teilt es mit einem oder einer der Obdachlosen! |