Grüß Dich,
@ZenZen - und Herzlich Willkommen in unserer Runde.
Je mehr buddhistische Texte ich lese, desto mehr Frage ich mich ob meine Verwirrung nur aus einer ungenauen deutschen Übersetzung entsteht. ... Allerdings gibt es laut buddhistischer Interpretation kein Selbst in diesem Sinne, was ich widersprüchlich finde. ....
Bedenke, es gibt nicht
den Buddhismus , sondern unterschiedliche Schulen, die manches in ähnlicher Weise lehren, anderes jedoch differenziert betrachteṇ Je mehr ich lernte, je mehr ich mich auch den Lehren der anderen Schulen/ Traditionen öffnete, desto deutlicher zeigte sich mir: die Lehre Buddhas führt (unabhängig von den in den buddhistischen Schulen gelehrten Lehrinhalten) zum Ziel. Es ist für jeden von uns ein Weg dabei, dessen Lehrinhalte uns unserem Potential gemäß entgegenkommen und verständlich sind.
Versuch einer Erklärung: (Solltet Ihr Fehler finden, bitte korrigiereṇ. Danke)
Ich- oder Selbst
Alle buddhistischen Schulen stimmen darin überein, dass eine Person existiert – und zwar auf konventioneller Ebene.
Was heißt das?
Erklärung dazu:
Die konventionelle Ebene ist unsere „normale Alltagssicht … Du bezeichnest Dich selbstverständlich als „Ich“ (Ich selbst/ mein), z.B. in Unterscheidung zu „den anderen“: hier Ich – dort die anderen.
Du fühlst Dich einmalig, eigenständig, unveränderlich, denkst kaum daran, dass der Körper, den Du als „mein Körper“ bezeichnest, abends nicht mehr derselbe ist, wie morgens, denn der Organismus stieß tausende von alten Zellen ab, baute neue ein, … ein Gedanke, der Dich morgens noch begeisterte, ist Dir abends schon nicht mehr in Erinnerung usw. Das nennt man „subtile Vergänglichkeit“. Die grobe Vergänglichkeit ist klarer ersichtlich, z. B. wenn Du plötzlich einen Schulkameraden triffst, den Du seit der vierten Klasse nicht mehr gesehen hast, oder einen Ort, den Du in Deiner Kindheit zuletzt sahst, besuchst: nichts ist mehr so, wie früher …
Dieses Gefühl des „Ich“ ist auch genau das, was dieses Sich-verletzlich-und-angegriffen-fühlen hervorruft, das Persönlich-nehmen, was Dich bei Lob vor Stolz platzen, und bei Tadel Wut und Zorn empfinden lässt, … was Dir diktiert, welche Bedürfnisse Du hast, die augenblicklich befriedigt werden wollen, …
Es ist ein Identifizieren mit allem und jedem, was ist …
Theravada : siehe
S.22.59. Die Merkmale des Nicht-Ich - 7. Anattalakkhaṇa Sutta (
https://www.palikanon.com/samyutta/sam22_060.html -
nach unten scrollen)
Mahayana :
Körper und Geist sind eine voneinander abhängige Einheit. Eine Person gibt es, aber kein von Körper und Geist unabhängiges, eigenständiges existentes, unwandelbares Ich oder Selbst (=> Synonyme). Das Ich (oder Selbst, wie einige sagen), existiert lediglich in Verbindung mit den körperlichen und geistigen Aggregaten, den sogenannten
Skandhas , einer Gruppe sich ständig verändernder, physischer und psychischer Bestandteile:
- Körper
- Geist:
- Bewusstsein - auch Hauptgeist genannt
- Empfindung
- Unterscheidung
- gestaltenden Faktoren
Dennoch ist innerhalb dieser Gruppen nichts auffindbar, was als Ich oder Selbst bezeichnet werden könnte. … (Alles ist in stetem Wandel begriffen.) Zwar ist letztendlich gesehen nichts auffindbar, da die wahre Natur nicht nur einer Person, eines Lebewesens, sondern aller Dinge, eben ihre
Leerheit ist, dennoch sind wir in dieser Welt und müssen uns nach bestem Wissen mit dem, was ist, auseinandersetzen.
(Was versteht man in der buddhistischen Philosophie unter dem Begriff Leerheit?
Alles, was ist, beruht auf Ursachen und entsprechenden Umständen. Alles ist mit allen und allem verbunden. Alles, was ist, ist im steten Wandel begriffen.
Schlussfolgerung:
Nichts und niemand ist unabhängig.
Nichts und niemand ist eigenständig.
Nichts und niemand ist unwandelbar.
Drei Aspekte der Leerheit
1. Alles Seiende ist „leer“ oder frei davon, unabhängig, Teile-los und beständig, oder unveränderlich zu existieren.
2. Alles Seiende ist „leer“ oder frei davon, aus sich selbst heraus zu existieren, d.h. , unabhängig von Ursachen und Umständen zu existieren.
3. Es gibt in der Person kein auffindbares, zeigbares Ich, das verschieden von Körper und Geist ist, mit Körper und Geist identisch, oder Besitzer von Körper und Geist ist.)
Der Begriff Ich (tib. bdag - Skt. atman ) wird in der buddhistischen Philosophie unterschiedlich interpretiert
Hinayana - oder Schulen des Abhidharma - Vaibhasika und Sautrantika (Vorläufer des Theravada)
Vaibhasika: Ich /Person => körperliche und geistige Aggregate (skrt.
Skandhas)
Skandhas
Körper
Unterscheidung
Empfindung
nicht-bewusstseinshafte gestaltende Faktoren
Hauptbewusstsein, (auch als Geist bezeichnet)
Sautrantika zwei Auffassungen:
1.) Auffassung der Vaibhasika (siehe oben)
Ich/Person => Geist oder Hauptbewusstsein
Philosophische Schulen des Mahayana
Cittamatrin (
Yogacarin) ó Ich/ Person = unterschiedliche Aspekte des Geistes oder Hauptbewusstseins (lt. Definition diverser Unterschulen da verschiedene Auffassungen über die Struktur des Geistes)
Svatrantika-Madhyamika … (muss ich nachschauen
)
Prasangika-Madhyamika: Die Prasangika-Madhyamika postulieren, dass die Person, nur als Begriff existiert, der in Abhängigkeit von den verschiedenen körperlichen und geistigen Faktoren gegeben wird. Innerhalb der Benennungsgrundlage des Selbst, also der Aggregate, ist nicht ein einzelner Faktor oder ein einziges Element von seiner Seite her als Ich auffindbar. Das Ich/Selbst (Synonym) existiert als bloße Benennung in Abhängigkeit von seinen Teilen und hat damit keinerlei Existenz von der Seite der Aggregate her.