traditionsübergreifend

mukti

Mitglied
Buddh. Richtung:
Theravada
Im Grunde macht man doch die meiste Zeit nichts anderes als das Leid mit ungeeigneten Mitteln zu vertreiben. Die scheinbar so großen Errungenschaften und Kämpfe zielen darauf ab dass es uns besser geht. Aber Knochen, Fleisch, Organe usw. sind eben nur Knochen, Fleisch und Organe, zusammengesetzt zu einem Körper - kein "Ich". Und die Geistestätigkeiten sind nur Gedanken, Gefühle und Wollen, aber kein "Ich". Durch Identifikation "das bin Ich", entsteht das Ich. Es ist nur in der Vorstellung vorhanden, nicht wirklich. Die Vorstellung entsteht aufgrund von Unwissenheit und Begehren.
Nun ist alles Dasein mit Leiden verbunden, demnach ist die einzige Lösung alle Leiden zu beenden die Wirklichkeit zu erkennen, nämlich dass alles unbeständig ist, entsteht und vergeht und dass daher Begehren danach und Anhaftung daran zu Leiden führt. Wenn das vollkommen klar ist hat der ganze Spuk ein Ende. Leider ist es oft nur theoretisch klar, Unwissenheit und Begehren wurzeln tief in der Existenz und rücken tausend unwichtige Dinge in den Vordergrund. Das Unwesentliche hat doch nur einen Wert wenn es dem Wesentlichen näherbringt. Ansonsten ist alles wertlos, "immer derselbe alte Plunder", wie es ein Mönch einmal ausgedrückt hat. "Das Kauen des bereits gekauten" sagt der Vedanta. Eine Kuh bricht das Gekaute heraus und kaut es wieder. Oder wie dieses Gleichnis:

Ein Mensch ist in eine Grube gefallen und mit dem Fuß an einer Baumwurzel hängengeblieben. An der Wurzel nagen zwei Ratten, eine weiße und eine schwarze. So hängt er kopfüber in die Grube und sieht auf ihrem Grund eine Riesenschlange. Im Baum ist ein Bienennest und die Bienen stechen ihn unentwegt. Da fällt ein Tropfen Honig herunter, er fängt ihn mit der Zunge auf und freut sich sehr: "Ah wie sehr ich genieße"
Die Grube ist die Welt, die beiden Ratten sind Tag und Nacht die fortwährend die Lebenszeit verkürzen, die Bienenstiche sind die Leiden des Lebens und die Riesenschlange ist der Tod. Die Honigtropfen sind die Sinnesfreuden und der Mensch ist... naja jeder der sich in diesem Bild selber erkennt.

Sinngemäß steht ja irgendwo im Palikanon : Ein Unwissender der weiß dass er unwissend ist, ist besser dran als ein Unwissender der sich für weise hält. Der hat dann eben eine Motivation aus der Unwissenheit herauszukommen. An der Intensität dieser Bemühung lässt sich die Weisheit messen.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Im Grunde macht man doch die meiste Zeit nichts anderes als das Leid mit ungeeigneten Mitteln zu vertreiben.
Leidvoll ist es immer wieder für mich, klar zu erkennen, dass ich das Leiden der Mitlebewesen noch nicht einmal lindern, geschweige denn beenden kann - sei es nun das Leid der Menschen oder Tiere. Ich muss diesen Wunsch, ad hoc korrekt helfen zu können, loslassen. Ich kann Mitgefühl entwickeln, nach bestem Wissen und Können helfen, aber ich sollte dabei schnellstmöglich die Tatsache verinnerlichen, dass ein langer, steiler, steiniger Weg, zwischen dem Wunsch, die Fähigkeiten eines allwissenden Buddha zu entwickeln, und meinem jetzigen Wissen und Können liegt. ... Mein Lehrer sagte, meine Aufgabe in diesem Leben sei es, das Loslassen zu übeṇ; dies sei eine der schwersten Übungeṇ. - Ich werde dieser Aufgabe ganz offenbar nicht gerecht. Dieses "Greifen nach mehr" behindert meines Erachtens eine zuträgliche Entwicklung. Was aber soll ich tun, wenn mir beim Anblick des Leids, immer wieder die Tränen in die Augen treten - und je älter ich werde, desto schlimmer scheint es zu werden.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Dieses "Greifen nach mehr" behindert meines Erachtens eine zuträgliche Entwicklung.
Meinst du mit "mehr" mehr helfen können? Soviel ich weiß ist das ja im Mahayana ein Antrieb sich um die eigene Befreiung zu bemühen, damit man anderen dazu verhelfen kann (bodhisattva ). Das wäre dann ja eine Motivation schnell voranzuschreiten wenn man so ein gutes Herz hat dass einem das Leid der Wesen nahe geht. Wieso behindert das die Entwicklung, würde nicht eher bei der Motivation und beim Antrieb was verlorengehen wenn man das "mehr helfen wollen" loslässt? Vielleicht verstehe ich da ja was nicht richtig.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Ich denke das Loslassen solcher Motivationen ist sehr wichtig - wenn auch ungemein schwierig. Eine Motivation besteht auch immer ein Stückweit aus einem Gedankenschloss. Man hat eine Idee davon, was man erreichen will. Damit wird der der eigene Blickwinkel eingeschränkt und man läuft Gefahr sich im Gedankenschloss zu verirren. Lässt man die Motivation los, haftet nicht mehr an ihr, dann bietet das die Möglichkeit sich der Momentanen Aufgabe voll und ganz zu widmen.

Ein Beispiel dafür aus dem Arbeitsleben: Seit etwa zwei Jahren arbeite ich an einem größeren Software-Projekt mit. Das Projekt lief bevor ich dazugestoßen bin aber auch schon 2-3 Jahre. Die Idee in den ersten 2-3 Jahren entstand war riesig. Man hat sich das beste und schönste zusammengeträumt. Aber, es konnte niemand gefunden werden um das Projekt zu realisieren. Schließlich ist man dazu übergegangen, die große Vision nur als fernes Ziel, dass er lange nach der Projektlaufzeit erreicht werden würde zu betrachten. Damit wird die Motivation zu etwas abstrakterem, dem man nicht direkt hinterrennt, sondern man desillusioniert sich ganz gezielt. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit ohne Druck gezielt an vermeintlichen Kleinigkeiten zu arbeiten, die man genau jetzt in diesem Moment lösen kann. Jetzt nach fast zwei Jahren Entwicklungsarbeit sind wir deutlich näher an der Ursprünglichen Vision als wir noch dachten zu schaffen.

Genauso, denke ich, kann man auch die Boddhisattva-Gelübde betrachten. Sie geben etwas vor, dass man sich als Vision nehmen kann, als Stern den man auf dem Weg immer wieder zur Orientierung hernimmt. Damit hat man eine Möglichkeit selbst ein wenig zu reflektieren wo man sich befindet. Hält man aber so sehr an dieser Orientierung fest, dass jede kleine Abweichung zu einem persönlichen Problem wird, dann wird es wirklich schwer auf den eigentlichen Weg zurück zu finden.
 
| Mein Blickwinkel: Sôtô
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Rechte Anstrengung (sammā-vāyāma) ist Punkt 6 des achtfaches Pfades, der betrifft den Willen oder die Tatkraft (virya). Sie gehört auch zu den 5 Fähigkeiten (bala) und zu den 7 Erleuchtungsgliedern (bojjhanga). Ein anderes Paliwort für Anstrengung ist padhāna.

Und woran, ihr Mönche, ist die Fähigkeit der Tatkraft zu erkennen? An den vier rechten Anstrengungen (sammā-padhāna). (S.48.8.)

Da erzeugt, ihr Mönche, der Mönch in sich den Willen, nicht aufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen zu lassen; er strebt danach, setzt seine Willenskraft ein, spornt seinen Geist an und kämpft darum. Er erzeugt in sich den Willen, aufgestiegene üble, unheilsame Dinge zu überwinden; er strebt danach, setzt seine Willenskraft ein, spornt seinen Geist an und kämpft darum.
Er erzeugt in sich den Willen, nicht aufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen zu lassen; er strebt danach, setzt seine Willenskraft ein, spornt seinen Geist an und kämpft darum.
Er erzeugt in sich den Willen, aufgestiegene heilsame Dinge zu festigen, nicht schwinden zu lassen, sondern sie zu Wachstum und voller Entfaltung zu bringen; er strebt danach, setzt seine Willenskraft ein, spornt seinen Geist an und kämpft darum.
A.IV.13 - Padhāna Sutta

Das ist also die Anstrengung zur Vermeidung, zur Überwindung, zur Entfaltung und zur Erhaltung. (A.IV.14)

Die Wurzeln aller unheilsamen Dinge sind Gier, Hass und Verblendung. Man vermeidet also alles was damit zusammenhängt damit sie nicht aufsteigen und bemüht sich unheilsame Gewohnheiten zu überwinden. Dafür gibt es die 5 sīla: kein töten, stehlen, lügen, sexuelles ausschweifen und berauschen.
So entsteht das Heilsame - Gierlosigkeit, Hasslosigkeit und Unverblendung. Frei nach Wilhelm Busch: "Das Gute, dieser Satz steht fest, ist stets das Böse, das man lässt". Außerdem hält man an heilsamen Gewohnheiten fest, entwickelt und vermehrt sie.

Ich glaube weder dass der Mensch von Natur aus entweder gut oder böse ist, noch dass er als tabula rasa auf die Welt kommt, leer und aufnahmebereit wie ein unbeschriebenes Blatt. Es sind wohl jedem heilsame und unheilsame Anlagen angeboren, so dass die Entwicklung vom fruchtbaren Boden abhängt, auf den die äußeren Einflüsse fallen. So wie er beschaffen ist, gedeiht darauf eine Mischung aus hässlichen Giftpflanzen und schönen Blumen. Die inneren Neigungen bewirken dass man sich mit Absicht den entsprechenden äußeren Einflüssen aussetzt. So findet jeder sein Biotop zu dem er sich zugehörig fühlt und bevorzugt eine bestimmte Gesellschaft - "Birds of a feather flock together".

Es gilt also seine Schritte von unheilsamen Einflüssen weg- und zu heilsamen Einflüssen hinzulenken. Etwa wenn man gerne in eine Bar gehen möchte, aber seine Willenskraft einsetzt und stattdessen zu einem Dhammavortrag geht. Damit vermeidet man dass Unheilsames entsteht und überwindet eine bereits entstandene unheilsame Neigung. Der Dhammavortrag langweilt, aber man zwingt sich aufmerksam zuzuhören, damit steigen die heilsamen Dinge auf die dort vermittelt werden. Nachher geht man wieder nicht in die Bar sondern lässt das Gesagte in sich nachklingen, kontempliert darüber und nimmt sich vor danach zu handeln, so kommt es zur Entfaltung und Wachstum des Heilsamen.

Aber Mara gibt nicht so leicht auf. Die unheilsamen Gewohnheiten drängen nach Befriedigung, es entsteht eine unerträgliche Spannung und schließlich lässt man den Dingen ihren Lauf. Anstatt sich als Versager zu fühlen, baut man weiter auf dem bereits geschafften auf. Etwa verbringt man seine Zeit immer weniger in der Bar und immer öfter in Dhammakreisen. Man geht all den schlechten Einflüssen immer öfter aus dem Weg und ersetzt sie sukzessive durch gute Einflüsse. Kurzum, man bemüht sich in allen Bereichen des achtfachen Pfades. Der achtfache Pfad ist nichts künstliches, jeder Mensch geht ihn, aber nicht jeder auf rechte Weise. Dazu muss man sich eben anstrengen.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Aber Mara gibt nicht so leicht auf
Mukti , aber Mara ist in mir , das "Böse" kommt ( stammt) nicht von draussen, das wirklich zu sehen, zu erkennen, das wäre schon der echte aber kleine Schtitt auf dem Weg. Wir, als die Weltlinge(""), sind immer den "schlechten Einflussen " total ausgeliefert. Manchmal ich denke, um das Leid zu versiegen, ich sollte mich selbst so versiegen, aber es wäre auch keine Lösung. Dieser ewigeKampf / gegen die "Natur", wie sie ist/, und sie ist echt grausam, das alles passiert in uns, im unserem Körper, um unserem Menschen-zu -Sein, und , ich gehe davon aus, das würde, ( im "meinem" Fall ) die Ewigkeit dauern.
LG.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Wir, als die Weltlinge(""), sind immer den "schlechten Einflussen " total ausgeliefert.
Vollkommen hilflos ausgeliefert sind wir ja auch wieder nicht, ein wenig Selbstbeherrschung (saṁvara) hat wohl jeder. Und es gibt so viele Übungen mit denen sie sich weiterentwickeln lässt, wir müssen sie eigentlich nur anwenden.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
... aber Mara ist in mir , das "Böse" kommt ( stammt) nicht von draussen, das wirklich zu sehen, zu erkennen, das wäre schon der echte aber kleine Schritt auf dem Weg. ...
Lieber @Igor07,

der Beginn, sich Gedanken über all dies zu machen, ist meines Erachtens ein erster kleiner Schritt - hinauf auf den Pfad. Das Nachdenken über diese Dinge, (z.B. das Leid, Mara ist in mir, Weltlinge immer wieder "schlechten Einflussen" ausgeliefert, ein ewiger Kampf), führt zur Veränderung der eigenen Sichtweise, ...
... Manchmal ich denke, um das Leid zu versiegen, ich sollte mich selbst so versiegen, aber es wäre auch keine Lösung. ...
... sodass man irgendwann gewiss auch die Bedeutung der Vier Edlen Wahrheiten erkennt - man spürt das Leidhafte und Nichtzufriedenstellende aller Phänomene, erkennt ihre Bedingtheit und Abhängigkeit, das Begehren als Ursache, die Auflösung des Begehrens als Auflösung allen Leids ...

Der Weg zur Auflösung allen Leids ist der edle achtfache Pfad. :mala:
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Dharma Rechte Anstrengung
... sodass man irgendwann gewiss auch die Bedeutung der Vier Edlen Wahrheiten erkennt - man spürt das Leidhafte und Nichtzufriedenstellende aller Phänomene, erkennt ihre Bedingtheit und Abhängigkeit, das Begehren als Ursache, die Auflösung des Begehrens als Auflösung allen Leids ...
Auf dem eigenen Leid, liebe @mkha' , oder nur durch ( dank ) dem eigenen "Körper", ansonsten ich kann es mir nichts nachvollziehen. Der Buddha war kein Philosoph oder der "existenzieller " Denker . Er hatte das alles ver-körper-t und ver-inner-licht.
LG.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Sorry,

S 2, 26: „ In diesem klaftergroßen mit Wahrnehmung und Denksinn ausge-statteten Körper tue ich kund die Welt und den Ursprung der Welt und die Aufhebung der Welt und den zur Aufhebung der Welt führenden Pfad.“ So hatte ich gemeint.
 
Re: Dharma Rechte Anstrengung
Leidvoll ist es immer wieder für mich, klar zu erkennen, dass ich das Leiden der Mitlebewesen noch nicht einmal lindern, geschweige denn beenden kann - sei es nun das Leid der Menschen oder Tiere. Ich muss diesen Wunsch, ad hoc korrekt helfen zu können, loslassen. Ich kann Mitgefühl entwickeln, nach bestem Wissen und Können helfen, aber ich sollte dabei schnellstmöglich die Tatsache verinnerlichen, dass ein langer, steiler, steiniger Weg, zwischen dem Wunsch, die Fähigkeiten eines allwissenden Buddha zu entwickeln, und meinem jetzigen Wissen und Können liegt. ... Mein Lehrer sagte, meine Aufgabe in diesem Leben sei es, das Loslassen zu übeṇ; dies sei eine der schwersten Übungeṇ. - Ich werde dieser Aufgabe ganz offenbar nicht gerecht. Dieses "Greifen nach mehr" behindert meines Erachtens eine zuträgliche Entwicklung. Was aber soll ich tun, wenn mir beim Anblick des Leids, immer wieder die Tränen in die Augen treten - und je älter ich werde, desto schlimmer scheint es zu werden.
🙏
Du solltest also das loslassen üben, wenn dir angesichts des Leidens deiner mitlesen Tränen in die Augen kommen und diese Tränen aus mitgefühl entstehen so vergehen sie auch wieder daran zu leiden macht wohl keinen sin dennoch werden die Tränen kommen und gehen. Sie sind sogar nötig um dein mitfühlen gegenüber jenem dem du helfen möchtest empathisch mit zu teilen. Wer läT sich schon gerne fon einem gefühlskalten Roboter helfen. Doch bitte verwechselne mitgefühl nicht mit mittleid😅

Für einige Wesen wird ihr Leiden auch negatives karma bereinigen und sie auf dem Weg zur Befreiung unterstützen,es ist ein schwacher Trost.

Ach was schwurble ich da schon wieder das meiste weist du sehr wahrscheinlich eh schon und genauer als ich und beim Rest werde ich mich irren 😅🙏
 
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