M ano-pubbangamä dhammä
mano-set,thä mano-mayä.
manasä ce padutthena
bhäsati1 vä karoti vä,
tato narh dukkham anveti
cakkarh 'va vahato padarh.
1. F bhiisati(m .c.)
Vom Geist geführt die Dinge sind,
Vom Geist beherrscht, vom Geist gezeugt.
Wenn man verderbten Geistes spricht,
V erderbten Geistes Werke wirkt,
Dann folget einem Leiden nach
Gleichwie das Rad des Zugtiers Fuß.
Als 'Geist (mano)' gilt das gesamte Bewußtsein (citta = vinnäna)
in den vier Ebenen, zerfallend in das der Sinnensphäre
(kämavacara), der feinkörperlichen Sphäre (riipavacara), der
unkörperlichen Sphäre (ariipavacara) (s. B.Wtb.: avacara) und
das überweltliche Bewußtsein (lokuttara-citta); oder in das karmisch
heilsame (kusala), unheilsame (akusala) und neutrale
(avyäkata) Bewußtsein (s. Tab. 1). An dieser Stelle jedoch
kommt durch das damals jenem (in der vorangehenden Erzählung
erwähnten) Arzte aufgestiegene Bewußtsein beschränkt,
festgelegt und genau bestimmt, bloß das von Trübsal begleitete
und mit Übelwollen verbundene Bewußtsein (Tab. I, 31) in
Betracht.
'Vom Geist geführt': Von dem vorangehenden Geist (Bewußtsein)
begleitet.
'Dinge (dhamma )': Als dhamma (yldf;;;; tragen; Träger, Vertrag,
Gesetz, Recht, Rechtschaffenheit, Daseinselement, Daseinsphänomen,
Ding usw.; mit Hinsicht auf die letzteren Bedeutungen
erklärt als 'das, was seine eigene Natur in sich trägt')
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DHAMMAPADA UND KOMMENTAR
gelten vier Dinge, nämlich : Tugend, Lehre, Lehrtext und etwas
Wesenloses oder Seelenloses.
1. Als 'Tugend' (gurza) kommt dhamma vor in dem Ausspruch
(Thag. 304; Jät. IV. 496): 'Nicht bringen Tugend und Untugend
beide die gleichen Früchte. Untugend führt zur Hölle
hin, die Tugend aber in glückliche Welt.'
2. Als 'Lehre' (desanä) in den Worten (M. 148): 'Die Lehre, ihr
Mönche, will ich euch weisen, die im Anfang erhabene usw.'
3. Als 'Lehrtext' (pariyatti) in den Worten (M. 22): 'Da, ihr
Mönche, lernen einige edle Söhne die Lehre, die Sutten, gemischte
Prosa usw.'
4. Als etwas 'Wesenloses, Seelenloses' (nissatta-nijjiva) in den
Worten (Dhs. § 121): 'Bei dieser Gelegenheit aber sind anwesend
folgende Dinge (dhamma): Daseinsgruppen, Grundlagen,
Elemente, Fähigkeiten usw. '
Unter diesen Bedeutungen nun ist an dieser Stelle dhamma als
etwas Wesenloses, Seelenloses zu verstehen.
Damit also sind gemeint die mit dem Bewußtsein (viizfliirJa ) jedesmal
zusammen entstehenden (saha-jiita ) und damit untrennbar verbundenen
(sampayutta) und, je nach dem anwesend en Willen (cetanii), als entweder
karmisch-h eilsam, unheilsamoder neutral geltenden Geistesfaktoren.
Als 'dhammas' gelten also hier der Bedeutung nach die drei
unkörperlichen Gruppen: Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen.
Diese nämlich werden als 'vom Geist (Bewußtsein)
geführt' bezeichnet, weil sie eben den Geist zum Führer haben.
Wie aber kann der Geist als Führer (pubbangama, wörtl. Vorangehender)
gelten, wo er doch mit diesen Dingen ein und
dasselbe Objekt hat und genau in demselben Augenblicke aufsteigt,
nicht früher und nicht später? Im Sinne einer Entstehungsbedingung.
Wenn man da nämlich fragen wollte, wer von
den vielen , gemeinsam Dörfer Überfallenden oder ähnliche
Taten Verübenden der Anführer sei, so wird eben derjenige,
der für jene Taten den Anlaß bildet, und auf den sich stützend
jene die Taten verübten, jener Datta oder Matta, als ihr Führer
bezeichnet. Somit also werden auch jene (mit dem Bewußtsein
verbundenen) Dinge, weil der Geist im Sinne einer Entstehungsbedingung
ihr Führer ist, als 'vom Geist geführt' bezeichnet.
Denn nicht könnten diese entstehen, ohne daß das Bewußtsein
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DAS PAAREN-KAPITEL
entstünde. Selbst im Falle, daß einige der geistigen Dinge (cetasika:
z.B. Gier, Haß, Verblendung, Geiz, Neid usw.) nicht
entstehen, so entsteht doch immer das Bewußtsein.
'Vom Geist beherrscht' (wörtl. 'den Geist als Höchstes habend')
sind die (geistigen) Dinge, da sie das Bewußtsein (Geist)
im Sinne eines Herrschers (adhipati) als das Höchste (settha)
haben. Wie nämlich unter den Räubern usw. der Erfahrenste als
ihr Führer und Höchster gilt, ebenso auch ist für jene (geistigen)
Dinge das Bewußtsein (Geist) der Anführer und das Höchste.
ß Com liest: mano adhipati mano settho statt manosettho .
Als 'vom Geist gezeugt' gelten jene Dinge, weil sie aus dem
Geist entstanden sind, genau wie diese und jene aus Holz u. dgl.
gemachten Gegenstände als 'aus Holz gezeugt' usw. gelten.
'Verderbt': Durch die hinzugetretenen Unreinheiten wie Habgier
usw. verdorben. Der ursprüngliche Geist (Bewußtsein) ist
das Unterbewußtsein (bhavanga-citta; s. Komp. §57, 66), und
dieser ist unverdorben. Gleichwie klares Wasser, sobald es durch
dazugetretene Farben wie Blau usw. getrübt ist, als blaues Wasser
usw. gilt, aber weder frisches Wasser ist, noch auch bloß das
frühere klare Wasser, ebenso auch wird das Bewußtsein durch
die dazugetretenen Unreinheiten verdorben, nicht aber ist es ein
neues Bewußtsein, noch auch das frühere Unterbewußtsein.
Daher sagte der Erhabene (A. I): 'Leuchtend, ihr Mönche, ist
dies Bewußtsein, doch wird es durch die hinzugetretenen Unreinheiten
getrübt.'
Also, 'wenn man verderbten Geistes spricht, verderbten Geistes
Werke wirkt', dann führt man beim Sprechen einen vierfachen
üblen Wandel in Worten (Lüge, Zwischenträgerei, rohe
Rede, leeres Plappern), beim Handeln einen dreifachen üblen
Wandel in Werken (Töten, Stehlen, Ehebrechen); beim Nichtsprechen
und Nichthandeln aber führt man aufgrund des durch
Habgier, Übelwollen und üble Ansichten verderbten Geisteszustandes
einen üblen Wandel in Gedanken. Auf diese Weise kommen
die zehn unheilsamen Wirkensfährten (drei in Werken, vier
in Worten, drei in Gedanken; s. B.Wtb.: kammapatha) zum
vollen Entstehen.
'Dann folget einem Leiden nach': Aufgrund jenes dreifachen
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DHAMMAPADA UND KOMMENTAR
üblen Wandels folgt einem solchen Menschen das Leiden nach,
und kraft seines üblen Wandels gelangt er in den vier Niederen
Welten (apäya: Tierreich, Gespensterreich, Dämonenreich,
Hölle) oder unter den Menschen in einen trüben Zustand- körperlich
oder anders- wieder zum Dasein. Auf diese Weise folgt
ihm karmagewirktes, körperliches und geistiges Leiden nach.
Genau genommen jedoch ist, wie auch der Abhidhamma lehrt, geistiges
Leiden niemals karmagewirkt, sondern stets karmisch unheilsam (akusala
), da mit Trübsal und Groll verbunden (s. Tab. I, 30, 31 ).
'Gleichwie das Rad des Zugtiers Fuß': Gleichwie das Wagenrad
dem Fuße des ins Joch gespannten und die Last ziehenden Stieres
folgt. Gleichwie nämlich, während dieser einen Tag, oder zwei,
fünf oder zehn Tage, oder einen halben oder ganzen Monat die
Lasten zieht, er das Rad weder hemmen noch er ihm entgehen
kann, wohl aber beim Vorwärtsschreiten ihm das Joch auf den
Nacken drückt, beim Rückwärtsschreiten aber ihm das Rad
gegen sein Schenkelfleisch stößt und das Rad auf diese zweifache
Weise bedrückend auf jeden seiner Schritte folgt, ebenso auch
wird jener Mensch, der infolge seines verderbten Geistes den
dreifachen üblen Wandel ausübt, jedesmal dort, wo er hingelangt
ist- nämlich in der Hölle usw. -von dem im üblen Wandel
wurzelnden körperlichen und geistigen Leiden verfolgt.