mukti

Mitglied
Buddh. Richtung:
Theravada
In S.4.11. gibt es die kurze Geschichte wie Mara am Gijjhakūta Berg dem Buddha durch einen Tumult Angst machen wollte. Aber der Erhabene sagt zu Mara:

"Und wenn du auch vollständig den ganzen Gijjhakūta erschüttern wirst, bei den vollkommen erlösten Erleuchteten gibt es keine Bewegung."

Wie das? Als der Buddha das ausgesprochen hat, haben sich ja sein Körper und Geist bewegt. Er war wohl dabei wie immer am Ort der Stille, der Stätte höchsten Friedens, Nibbana .

Wenn man nicht erleuchtet oder erwacht ist kann man sich dem gedanklich annähern, besser noch lässt sich Stille fühlen. Einmal bin ich mit meinem Vater im Wald gesessen und nach einiger Zeit sagte er plötzlich: "In die Stille hineinhören".
Die Stille ist nicht nichts, es gibt sogar Aussprüche wie "Sound of Silence" oder "brüllende Stille" . Das sind wohl alles Metaphern, man hört nichts wenn man die Stille wahrnimmt, auch was man fühlt ist eigentlich nicht die Stille selber sondern Frieden und Glück. Ein wenig davon, denn wirklich unbewegt ist eben nur ein Erwachter.

Wir leben in einer sehr bewegten Welt, besonders in dieser Zeit. Die Menschen lieben Lärm, Geschwindigkeit, Tumult, Sensation, Action. Ein Ort an den kein Lärm dringt ist mitunter schwer zu finden, wo man keine Autos hört oder Landmaschinen, Flugzeuge oder johlende und tratschende Wanderer. Nur manchmal aus der Stille heraus einen Vogelruf oder ein Rascheln, das Knicken eines Zweiges auf den ein Reh tritt. Solche Orte sind für die Meditation förderlich, sagt der Buddha.

Einige haben das Glück einer ganz ruhigen Wohnung, und es gibt auch Räume zum Entspannen und Abschalten. Aber im unbegrenzten Raum fühlt man sich anders als zwischen Mauern. Irgendwie scheint es eine Beziehung von Stille zu Raum zu geben, zu Raumunendlichkeit. Man stelle sich nur mal die Stille des Weltalls vor.

Da ist dann noch der Lärm im Geist, aber die äußere Stille fördert die innere Stille. Wegen der Gewohnheit vielfacher sinnlich-geistiger Bewegung kann äußere Stille auf Dauer schwer zu ertragen sein. Aber es wäre doch wunderbar zu losgelöster Geistesruhe zu kommen, von wo aus die Wirklichkeit klar zu sehen ist. Keine Hindernisse und Zweifel mehr, kein Begehren und kein Dukkha .
 
Re: Stille
Ich erlebe die ganze Welt und jeden wachen Moment als absolute Stille.
Es gibt immer längere Perioden in denen kein einziger Gedanke entsteht, und falls einer entsteht, gehört er nicht mir, und wird von mir nicht angenommen und abgelehnt.
Er kann keine Wurzeln schlagen und keine neue Geburt verursachen.

In Wirklichkeit ist die Welt und Ich nur ein Geistesmoment der mich gerade bewegt.

Weil ich lange Zeit die Dinge nicht gesehen habe wie sie sind, habe ich diese Stille nicht ertragen und auch als etwas bedrohliches empfunden.

Inzwischen ist die Stille das einzige was existiert für mich, während alles andere nur temporäre manifestationen meiner Unwissenheit sind.
In Wirklichkeit spricht nur die Stille die Wahrheit.
Wenn man sich nach außen streckt und im äußeren sein Glück sucht und wähnt, wird man nur Dukkha finden und erleben.
Das was vom Dasein zum Dasein rennt, entsteht nur durch den Lärm der Welt.

Stille ist eines der größten Geschenke der buddhistischen Lehre.
Zumindest für mich.

LG Martin
 
Re: Stille
In letzter Zeit ist der neueste Gimmick meines eigensinnigen Schlaf-Wach-Rhythmusses, dass ich so gut wie jeden Morgen strikt zu Zeit der Dämmerung wach werde. Egal, wie wenig ich geschlafen habe, zwischen 4:30 und 5:00 bin ich völlig wach.

Es fällt auf, dass dies eine Zeit ist, wo es draußen absolut still ist. Keine Autos, wie sonst üblich, keine Busse, keine sprechenden Fußgänger, keine Trolleys... Das ist phänomenal.

Zum Glück habe ich letztens eine Atemübung gelernt, die am besten genau zu dieser Zeit, „wenn die Krähen nicht schreien", ausgeführt werden sollte.
So kann ich es wertschätzen, zu dieser Zeit geweckt zu werden, und die Atemübung ist wunderbar beruhigend. Irgendwann später schlafe ich nochmal für 2-3 Stündchen ein und wache sehr erholt auf.
 
Re: Stille
Egal, wie wenig ich geschlafen habe, zwischen 4:30 und 5:00 bin ich völlig wach.
Das ist ideal, eine sehr gute Zeit für Meditation, ungefähr die "Brahma Muhurta", die Zeit Brahmas. Ach ich sollte auch wieder um diese Zeit aufstehen aber ich brauche da einen Wecker. Der Buddha und seine Schüler haben auch um diese Zeit meditiert glaube ich, in den sogenannten "Nachtwachen".
 
Re: Stille
Ein Stiller im Frieden:

31. "Bhikkhu , 'Ich bin' ist eine Vorstellung; 'Ich bin dies' ist eine Vorstellung; 'Ich werde sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde nicht sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde Form besitzen' ist eine Vorstellung; 'Ich werde formlos sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde nicht-wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde weder-wahrnehmend-noch-nicht-wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung. Vorstellung ist eine Krankheit, Vorstellung ist ein Geschwür, Vorstellung ist ein Stachel. Indem man alle Vorstellung überschreitet, Bhikkhu, wird man ein Stiller im Frieden genannt. Und der Stille im Frieden ist nicht geboren, er altert nicht, stirbt nicht, er wird nicht erschüttert und hat keine Sehnsucht. Denn da ist nichts in ihm gegenwärtig, wodurch er geboren werden könnte. Nicht geboren, wie könnte er da altern? Nicht alternd, wie könnte er da sterben? Nicht sterbend, wie könnte er da erschüttert werden? Nicht erschüttert, wie könnte er da Sehnsucht haben?"

32. "Also geschah es in Bezug auf dieses, daß gesagt wurde: 'Die Fluten der Vorstellung spülen über einen, der auf diesen Grundlagen steht, nicht mehr hinweg, und wenn die Fluten der Vorstellung nicht mehr über ihn hinwegspülen, dann wird er ein Stiller im Frieden genannt.' (M.140)
 
Re: Stille
Inmitten lärmenden Lebens in der Stille zu sein, ist eines der hilfreichsten Dinge, die mir mein Lehrer mit auf den Pfad gab.
 

Anhänge

Stille inmitten des Lebens.jpg
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Stille
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Stille
Ich kann mich noch erinnern als ich nach zwei oder drei Monaten aus dem Kloster raus musste, und rüber nach Kambodscha reisen musste, wegen dem Visum.
Die Reise sollte knapp zwei Tage dauern.

Zuerst nach Bangkok und dann in der Früh mit dem Bus nach Kambodscha.

Im Kloster hatte ich scheinbar den absoluten Frieden erlangt.

Da ich nicht viel Zeit hatte, plante ich meinen Ausflug ziemlich genau.

Ein Zimmer mit einer heißen Dusche bzw Badewanne, eine Massage und ein westliches Essen sollte es sein.

Mein Abt hat mich mich mitgenommen nach Bangkok.
Während der Fahrt konnte ich schon fast das westliche Essen riechen und ich konnte mich nicht satt sehen am Leben dort draußen.

Mein Lehrer meditierte während der ganzen Fahrt, und als ich ihn und den Fahrer zum Essen eingeladen hatte, wollte er nur in ein einfaches thailändisches Restaurant gehen.
Nach all den Wochen und Monaten wollte er kein anderes Essen und er meditierte die ganze Zeit.

Ich konnte das damals einfach nicht nachvollziehen.

Am nächsten Tag hatte ich mein Visum und war auf dem Rückweg.
Und obwohl ich alle meine Pläne umsetzen konnte, war mein kompletter Frieden weg.

Ich hatte tausend Wünsche und Pläne im Kopf und der Lärm dort draußen war eine Belastung für mich.

Erst ein Jahr später wurde mir klar, warum mein Lehrer macht was er macht.

Bis zu einem gewissen Punkt ist die Stille wie eine Pflanze, die viel Pflege braucht.

Später, wenn man den Tempel des Herzens von der Unwissenheit, den Ängsten und Zweifeln befreit hat, verweilt man ständig dort, wo es kein Ich und die Anderen gibt.

Wenn man Glück und Leiden nicht mehr anlockt, nährt und festhält, bleibt nur noch die Stille übrig, die manchmal von Metta , Mudita besucht wird.

Diese Stille hat eine ganze andere Qualität als die Stille die entsteht, wenn man sich dem Meditationsobjekt zuwendet.

Mögen wir alle Frieden finden!

🙏👃🙏
 
Re: Stille
... die Stille ... , die manchmal von Metta, Mudita besucht wird. Diese Stille hat eine ganze andere Qualität ...

:unsure: Das erinnert mich an das Gewebe der Stille …

In ihm finden sich die Kettfäden der liebenden Güte, und die Schussfäden der Mitfreude. Die Kettfaden liebender Güte sollten, da stark beansprucht, fein, aber stabil sein; aus der achtsamen Gleichmäßigkeit des Einbringens des Schussfadens der Mitfreude erwächst die Feinheit des Gewebes der Stille.

Dieses Gewebe ist leicht und unauffällig. Es umhüllt jene, die, inmitten Samsaras, aus der Stille heraus zum Wohle aller agieren, und bietet Zufluchtsuchenden Schutz, die, nach dem Passieren des Dharmators, das Lärmen des eigenen Geistes erfahren.
 
| Mein Blickwinkel: Ich schreibe nicht zwangsläufig aus dem Blickwinkel der Gelug-Prasaṅgika-Madhyamaka, sondern dem Standpunkt meiner Gesprächspartner entsprechend, (auf die ich bemüht bin, einzugehen), sodass es uns möglich ist, auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Re: Stille
Schopenhauers langer Satz zur Meeresstille des Gemüts

Wenden wir aber den Blick von unserer eigenen Dürftigkeit und Befangenheit auf diejenigen, welche die Welt überwanden, in denen der Wille, zur vollen Selbsterkenntniß gelangt, sich in Allem wiederfand und dann sich selbst frei verneinte, und welche dann nur noch seine letzte Spur, mit dem Leibe, den sie belebt, verschwinden zu sehen abwarten; so zeigt sich uns, statt des rastlosen Dranges und Treibens, statt des steten Ueberganges von Wunsch zu Furcht und von Freude zu Leid, statt der nie befriedigten und nie ersterbenden Hoffnung, daraus der Lebenstraum des wollenden Menschen besteht, jener Friede, der höher ist als alle Vernunft, jene gänzliche Meeresstille des Gemüts, jene tiefe Ruhe, unerschütterliche Zuversicht und Heiterkeit, deren bloßer Abglanz im Antlitz, wie ihn Rafael und Correggio dargestellt haben, ein ganzes und sicheres Evangelium ist.

(Quelle)
 
Zurück
Oben Unten